Rolf Liebermann

geboren am 14.9.1910 in Zürich, ZH, Schweiz

gestorben am 2.1.1999 in Paris, Île-de-France, Frankreich

Rolf Liebermann

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Rolf Liebermann (* 14. September 1910 in Zürich; 2. Januar 1999 in Paris) war ein Schweizer Komponist und Intendant.

Leben

Rolf Liebermann entstammte der bekannten Berliner Familie Liebermann (Mitglieder waren unter anderen Max Liebermann, Emil Rathenau und Walther Rathenau). Sein Vater Franz Joseph Moritz Liebermann-Roßwiese (1872-1931) hatte als junger Jurist monatelang in einem Sanatorium in der Schweiz seine von einem Reitunfall herstammenden Knochenbrüche auskuriert, lernte in Zürich eine Französisch-Schweizerin namens Lucie Lang kennen und wurde schliesslich nach der Heirat mit ihr Schweizer Bürger.

Der gemeinsame Sohn Rolf Liebermann studierte von 1929 bis 1933 Jura an der Universität Zürich. Daneben erhielt er Musikunterricht am Privatkonservatorium von José Berr. Nach seinem Studium brachte er seine ersten Chanson-Kompositionen heraus und wirkte in diversen Kabaretts mit.

1936 belegte er einen Dirigierkurs in Budapest bei Hermann Scherchen und wurde 1937 dessen Assistent beim Musica Viva-Orchester in Wien. 1938-1940 Militärdienst. Ab 1940 begann er intensiver Komposition zu studieren und nahm Unterricht bei Wladimir Vogel. Von 1945 bis 1950 war er Tonmeister bei Radio Zürich. 1950-1957 übernahm er die Leitung der Orchesterabteilung der Schweizerischen Rundfunkgesellschaft SRG. 1954 erhielt er einen Kompositionsauftrag zu einem Orchesterwerk von den Donaueschinger Musiktagen, schrieb zur Verblüffung aller sein Concerto for Jazzband and Symphony Orchestra und legte damit etwas vor, was man später mit dem Begriff Third Stream oder Crossover belegt hätte. Rolf Liebermann schuf eine Fülle von Kompositionen unterschiedlicher Couleur: vom politischen Lied (Liebermann stand links) bis zur Oper, von der Klaviersonate bis zur Musik für Maschinen, vom Konzert bis zum Multimedia-Projekt. Nach dem Rücktritt von Harry Hermann Spitz war er von 1957 bis 1959 Leiter der Hauptabteilung Musik des Norddeutschen Rundfunks NDR in Hamburg.

Rolf Liebermann war ab 1959 vierzehn Jahre lang, und nochmals von 1985 bis 1988 Intendant der Hamburgischen Staatsoper. Während seiner ersten Hamburger Intendanz wurden 24 Auftragswerke uraufgeführt, darunter Staatstheater von Mauricio Kagel, Die Teufel von Loudun von Krzysztof Penderecki, Der Prinz von Homburg von Hans Werner Henze und Hilfe, Hilfe, die Globolinks von Gian Carlo Menotti. In der Zeit von 1973 bis 1980 leitete Liebermann die Pariser Oper.

Er wurde 1963 zum Honorarprofessor der Hochschule für Musik und Theater Hamburg ernannt.

In den 1930er Jahren war Liebermann mit Lale Andersen (Lili Marleen) liiert. Für Lale Andersen vertonte Rolf Liebermann in den Jahren um 1933 das Gedicht Der Sauerampfer von Joachim Ringelnatz. Liebermann war Vorbild für die Figur Robert Mendelssohn im Film Lili Marleen von Rainer Werner Fassbinder.

Werke

Kompositionen

  • 1943 Polyphone Studien für Kammerorchester
  • 1944 Une des fins du monde, Kantate für Bariton und Orchester nach Jean Giraudoux
  • 1945 Chinesische Liebeslieder für hohe Stimme, Harfe und Streichorchester nach Übertragungen von Klabund, Furioso für grosses Orchester (1947 UA in Dortmund)
  • 1946 Bühnenmusiken zu Giraudoux Irre von Chaillot und zum Basler Festspiel Das neue Land von Albert Ehrismann
  • 1947 Suite über 6 schweizerische Volkslieder für Orchester
  • 1948 Musique für Sprecher und Orchester nach Charles Baudelaire und Paul Verlaine
  • 1949 Sinfonie Nr. 1 Chinesisches Lied, dramatische Szene für Alt, Tenor und Klavier
  • 1950 Streitlied zwischen Leben und Tod, Kantate für Soli, Chor und Orchester
  • 1951 Sonate für Klavier
  • 1952 Leonore 40/45, Opera semiseria, Libretto von Heinrich Strobel (UA in der Oper Basel)
  • 1954 Penelope, Opera semiseria, Libretto von Heinrich Strobel (UA bei den Salzburger Festspielen), Concerto for Jazzband and Symphony Orchestra (UA in Donaueschingen)
  • 1955 Die Schule der Frauen, Opera buffa, Libretto von Heinrich Strobel nach Molière (UA Louisville/Kentucky USA, Europäische Erstaufführung 1957 bei den Salzburger Festspielen)
  • 1958 Geigy Festival Concerto für Basler Trommel und Orchester
  • 1959 Capriccio für Sopran, Violine und Orchester
  • 1964 Concert des Echanges für Maschinen (Auftrag der Schweizerischen Landesausstellung in Lausanne)
  • 1966 Musique pour Clavecin
  • 1981 Essai 81 für Violoncello und Klavier
  • 1983 Liaison für Violoncello, Klavier und Orchester
  • 1984 Ferdinand, Parabel für Sprecher und Instrumente
  • 1987 La Forêt, Oper, Libretto von Hélène Vida nach Aleksandr Ostrovskij (UA in Genf)
  • 1988 Herings-Quintett; Cosmopolitan Greetings, multimediales Projekt in Zusammenarbeit mit Allen Ginsberg, George Gruntz und Robert Wilson (UA Hamburgische Staatsoper auf Kampnagel)
  • 1989 Medea-Monolog, Kantate für Sopran, Frauenchor und grosses Orchester, auf ein Gedicht von Ursula Haas (UA 1990 Philharmonisches Staatsorchester Hamburg)
  • 1990 3x1=CH+X, Auftragswerk zur 700-Jahr-Feier der schweizerischen Eidgenossenschaft
  • 1992 Freispruch für Medea, Oper, Libretto von Ursula Haas (UA 1995 Hamburgische Staatsoper)
  • 1994 Enigma für grosses Orchester (UA 1995 Philharmonisches Staatsorchester Hamburg)
  • 1994/95 Concerto für Violine und Orchester
  • 1995 Klavierkonzert (Auftragswerk des NDR)
  • 1996 Die Schlesischen Weber (Heinrich Heine) für Kammerchor und Klavierquintett
  • 1997 Variationen über ein Appenzeller Thema für fünf Instrumente
  • 1998 Mouvance für neun Schlagzeuger und Klavier

Buchveröffentlichungen

  • 1976 Actes et entractes
  • 1977 in deutscher Übersetzung unter dem Titel Opernjahre
  • 1980 En passant par Paris
  • 1981 in deutscher Übersetzung unter dem Titel Und jedermann erwartet sich ein Fest

Filme

  • 1965 (zusammen mit Richard Leacock) Géza Anda Pianist, Dirigent, Pädagoge. Ein Arbeitsbericht. (Schweiz 1965)
  • 1966 (zusammen mit Richard Leacock) Paul Burkhard Ein Porträt.

Auszeichnungen

  • Hans Reinhart-Ring (1971)
  • Großes Bundesverdienstkreuz (1974)
  • Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern (1986)
  • Ehren-Schleusenwärter (1987)
  • Ehrendoktor der Universität Bern
  • Ehrendoktor der Universität Spokane (USA) (1957)
  • Musikpreis der Stadt Zürich (1957)
  • Mozartpreis der Stadt Bremen
  • Conrad-Ferdinand Meyer Preis (1947)
  • Commandeur de l'Ordre des Arts et des Lettres
  • Commandeur de l'Ordre de la Légion d'Honneur (1974)
  • Premio Lorenzo il Magnifico (1991)
  • Silbernes Blatt der Dramatiker Union (1969)

Ehrung

Rolf-Liebermann-Studio

Die Synagoge an der Oberstraße in Hamburg wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) gemietet und zu einem Konzertsaal und Studio umgebaut. 1953 kaufte der NWDR das Haus von der Jewish Trust Corporation. Seit 1982 steht es unter Denkmalschutz. Viele Hörfunksendungen wurden im Studio 10 (Großer Sendesaal des Funkhauses Hamburg) des NDR produziert. Einer, der diesen Saal am häufigsten für Rundfunksendungen nutzte, war der Berliner Regisseur, Moderator und Quizmaster Hans Rosenthal. Er produzierte hier Sendungen wie "Wer fragt gewinnt", "Spaß muß sein!" oder "Kleine Leute, große Klasse". Eine seiner erfolgreichsten Quizsendungen hatte hier im Januar 1963 Premiere: "Allein gegen alle".

Nach erfolgter Renovierung wurde das Haus am 6. März 2000 nach dem ehemaligen Leiter der Hauptabteilung Musik des NDR in Rolf-Liebermann-Studio umbenannt.

Literatur

  • Gisa Aurbek: Rolf Liebermann. Ellert und Richter, Hamburg 2001, ISBN 3-8319-0006-X.
  • Göndi Liebermann: Spannungen: mein Leben mit Rolf Liebermann. M. von Schröder, Düsseldorf 1985, ISBN 3-547-76060-7.
  • Regina Scheer: Wir sind die Liebermanns. List-Taschenbuch 60783. Ullstein, Berlin 2008, ISBN 978-3-548-60783-2.

Weblinks

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