Mani Matter

Mani Matter

geboren am 4.8.1936 in Bern, BE, Schweiz

gestorben am 24.11.1972 in Rapperswil (SG), SG, Schweiz

Mani Matter

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Chartplatzierungen
Erklärung der Daten
Alben[1]
I han es Zündhölzli azündt
  CH 7 24.01.1993 (241 Wo.)
Warum syt dir so truurig?
  CH 29 17.11.2002 (12 Wo.)
Mani Matter und Die Anfänge des Berner Chansons
  CH 67 12.06.2011 (2 Wo.)
Ir Ysebahn
  CH 64 21.08.2011 (5 Wo.)

Hans Peter «Mani» Matter (* 4. August 1936 in Herzogenbuchsee; † 24. November 1972 in Kilchberg ZH; heimatberechtigt in Basel und Kölliken) war ein Schweizer Mundart-Liedermacher und Jurist.

Leben

Mani Matter wurde am 4. August 1936 im Spital von Herzogenbuchsee geboren. Sein Vater Erwin Matter war Fürsprecher, seine Mutter, die Niederländerin Wilhelmina Matter-de Haan († 1953), Sekretärin, sein Grossvater väterlicherseits Oberbetriebschef bei den SBB. Mani hatte eine zwei Jahre ältere Schwester, Helen.

Von seiner Mutter wurde Hans Peter Jan (holländisch für Hans) genannt. Aus Jan wurde im Mund seiner Schwester Helen Nani. Leicht verändert wurde dann Mani zu seinem Pfadfindernamen. Innerhalb der Familie wurde ausschliesslich französisch gesprochen.

Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Bern. Er besuchte die Primarschule Enge (1943–47), das Progymnasium am Waisenhausplatz (1947–51) und das Gymnasium Kirchenfeld, wo er 1955 die Maturitätsprüfung bestand. In seiner Gymnasialzeit schrieb er sein erstes Chanson, Dr Rägewurm, zur Melodie von Ballade des dames du temps jadis von Georges Brassens.

Da er nach dem Tod seiner Mutter zwei krampfartige Störungen erlitten hatte, wurde er dienstuntauglich erklärt und konnte so nach dem Gymnasium direkt an die Universität Bern. Er studierte zuerst ein Semester Germanistik, wechselte dann aber zur Jurisprudenz. 1963 erwarb er – unter anderem nach einem Praktikum am Amtsgericht Interlaken – das bernische Fürsprecherpatent.

1963 wurde er Assistent beim Staatsrechtsprofessor Richard Bäumlin, 1965 erlangte er den Doktortitel bei Hans Huber mit der Bestnote «summa cum laude». 1967/68 verbrachte er mit seiner Familie – seiner Ehefrau Joy und den drei Kindern (Ueli, Sibyl und Meret Matter) – ein Jahr an der University of Cambridge und arbeitete dort an seiner Habilitationsschrift, die er bis auf die Fussnoten fertigstellte, aber nie einreichte. 1969 trat er die neugeschaffene Stelle als Rechtskonsulent der Stadt Bern an; ab 1970 bekam er daneben von der Universität Bern – unterdessen als Oberassistent – einen Lehrauftrag für Staats- und Verwaltungsrecht.

Matter war mit seinen berndeutschen Chansons 1960 erstmals im Radio zu hören. Öffentliche Auftritte gab er ab 1967, zunächst stets zusammen mit den Berner Troubadours. Sein erstes Soloprogramm startete er erst – von Emil Steinberger dazu gedrängt – im Herbst 1971 mit einem Auftritt im Kleintheater Luzern. 1965 wurden die ersten drei Liedtexte von ihm veröffentlicht: im Sammelband Ballade, Lumpeliedli, Chansons à la Bernoise des Berner Benteli-Verlags. 1966 erschien seine erste Schallplatte mit Studioaufnahmen; seine fünfte und letzte hat er selber noch aus Live-Aufnahmen zusammengestellt. Einige seiner Chansons kennen wir nur aus späteren Aufnahmen seiner Freunde Jacob Stickelberger und Fritz Widmer, von ihnen unter dem Titel Dr Kolumbus veröffentlicht, ebenso wie die 1972 zu dritt für das geplante neue Programm komponierte Kriminalgschicht.

Am Freitagabend, 24. November 1972, kollidierte er auf der Hinfahrt zu einem Konzert in Rapperswil auf der Autobahn mit einem Lastwagen und starb auf der Stelle.[2] Er wurde 36 Jahre alt. Sein Grab befindet sich auf dem Berner Bremgartenfriedhof. Sein Nachlass wird im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern aufbewahrt.

Lieder

Mani Matter hat die Texte seiner Lieder selbst verfasst, die Melodien komponiert und die Lieder vorgetragen, nach dem Vorbild der französischen Liedermacher bzw. auteurs-compositeurs-interprètes wie zum Beispiel Georges Brassens. Die Melodien sind volksliedhaft gehalten, in seinen späteren Liedern verlagert sich das Schwergewicht auf Molltonarten.

Seine Liedtexte gehen oft von alltäglichen Situationen aus, die philosophisch hinterfragt oder ins Absurde gezogen werden. Ausgehend von der Frage Was isch es Sändwitsch ohni Fleisch? S isch nüt als Brot kommt er in «Betrachtige über nes Sändwitsch» auf die Dialektik des Sandwichs zu sprechen. Im Lied Bim Coiffeur bini gsässe packt den Erzähler beim Blick in den Spiegel, der einen weiteren Spiegel zeigt, ein «metaphysisches Gruseln». In I han es Zündhölzli azündt beschreibt er ausgehend vom Entzünden eines Streichholzes, das versehentlich auf den Teppich fällt, die mögliche Zerstörung der Welt, die im letzten Vers wieder zurückgenommen wird. Absurde Erzählungen finden sich zum Beispiel im Nüünitram oder in Us emene lääre Gygechaschte («Aus einem leeren Geigenkasten»).

Nachwirkung

Matters Lieder gehören bis heute zum populären Liedgut in der deutschsprachigen Schweiz. Zahlreiche Schweizer Musiker haben sich von ihm inspirieren lassen und seine Lieder abgeschrieben, etwa Stephan Eicher, Polo Hofer, Bligg, Dodo Hug oder Züri West.

Eine Sammlung von Coverversionen verschiedener Interpreten erschien 1992 auf dem Album Matter Rock. Ueli Schmezers Coverband «MatterLive» beschäftigt sich ausschliesslich mit der Neuinterpretation von Matters Liedern.

Stephan Eicher machte das Lied Hemmige so bekannt, dass an seinen Konzerten sogar französischsprachige Zuhörer den berndeutschen Text auswendig mitsingen. Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama, eine orientalische Ballade in Form eines Limericks, wurde 1994 von Oskar Weiss als Bilderbuch herausgegeben und 2011 von Guillermo Sorya als Video neu interpretiert.[3]

Reinhard Prenn und Gerhard Ruiss übertrugen in den 1990er Jahren einige Matter-Lieder ins Wienerische und veröffentlichten sie auf zwei CDs: (1994) und Öha (1997).

2002 schilderte Friedrich Kappeler in seinem Dokumentarfilm Mani Matter – Warum syt dir so truurig? das Leben Mani Matters und zeichnete den Einfluss seiner Chansons nach.

Das Berner Mundart-Rapduo Lo & Leduc nannte einen 2011 veröffentlichten Titel – eine Hommage an Mani Matter – Warum düet dir so fröhlech.[4][5]

Mani Matter zu Ehren wurde im Sommer 2003 eine kleine Strasse am Rathaus in Bern «Mani-Matter-Stutz» benannt. Zu seinem 80. Geburtstag wurde 2016 in Wabern (Gemeinde Köniz) der Platz bei der Talstation der Gurtenbahn nach ihm benannt.[6] Er hatte mit seiner Familie einige Jahre in der Nähe gelebt.[7] Auch in Herzogenbuchsee, wo Matter geboren wurde, wurde im Jahr 2017 ein Platz im Dorfzentrum nach dem Musiker benannt.[8]

2016 veröffentlichte der Liedermacher Jan Řepka 36 Lieder von Mani Matter in tschechischer Adaption zusammen mit einem zweisprachigen 160 Seiten umfassenden Booklet.[9][10]

An den Swiss Music Awards 2017 wurde ihm der Tribute Award verliehen. Die Laudatio hielt Emil Steinberger.

Werke

Bücher

  • Die Legitimation der Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde. Diss. iur. Stämpfli, Bern 1965.
  • Us emene lääre Gygechaschte. Berndeutsche Chansons. Kandelaber, Bern 1969; Zytglogge, Oberhofen 2011, ISBN 978-3-7296-0828-3.
  • Warum syt dir so truurig? Berndeutsche Chansons. Hrsg. v. Joy Matter. Benziger, Zürich 1973; Zytglogge, Oberhofen 2011, ISBN 978-3-7296-0826-9.
  • Mani Matters Sudelhefte. Benziger, Zürich 1973.
  • Rumpelbuch. Hrsg. v. Joy Matter et al., mit einem «Kumpelwort» von Peter Lehner. Benziger, Zürich 1976.
  • Histoire du soldat – Die Geschichte vom Soldaten. Ins Deutsche übertragen von Mani Matter. Edition Lesabéndio, Bern 1991; Zytglogge, Oberhofen 2012, ISBN 978-3-7296-0844-3.
  • Sudelhefte – Rumpelbuch. (In einem Band). Ex Libris, Zürich 1978; Zytglogge, Oberhofen 2011, ISBN 978-3-7296-0829-0.
  • Einisch nach emne grosse Gwitter. Berndeutsche Chansons. Hrsg. v. Joy Matter. Benziger, Zürich 1992; Zytglogge, Oberhofen 2011, ISBN 978-3-7296-0827-6.
  • Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama. Bilder (von Oskar Weiss), Text und Partitur. Zytglogge, Gümligen 1995, ISBN 3-7296-0497-X.
  • Das Cambridge-Notizheft. Tagebuch 1968. Mit einem Essay von Urs Frauchiger. Zytglogge, Oberhofen 2011, ISBN 978-3-7296-0830-6.
  • Die pluralistische Staatstheorie oder Der Konsens zur Uneinigkeit (1967/68). Hrsg. v. Benjamin Schindler. Zytglogge, Oberhofen 2012, ISBN 978-3-7296-0852-8
  • Was kann einer allein gegen Zen Buddhisten. Philosophisches, Gedichte, Politisches, Erzähltes und Dramatik. Zytglogge, Basel 2016. ISBN 978-3-7296-0942-6.[11]

Schallplatten

  • I han en Uhr erfunde. Berner Chansons von und mit Mani Matter (EP), Zytglogge (zyt 1), Bern 1966.
    mit dem Lied Si hei dr Wilhälm Täll ufgfüert
  • Alls wo mir id Finger chunnt. (EP), Zytglogge (zyt 4), Bern 1967.
  • Hemmige. (EP), Zytglogge (zyt 12), Bern 1970.
  • Betrachtige über nes Sändwitsch. (EP), Zytglogge (zyt 20), Bern 1972.
  • Ir Ysebahn. (LP), live aus dem Théâtre Fauteuil in Basel. Zytglogge (zyt 21), Bern 1973, mit den Liedern über Bernhard Matter und Karl Tellenbach.
  • I han es Zündhölzli azündt (Doppel-LP mit den Chansons der ersten vier Platten). Zytglogge (zyt 24), Bern 1973.
  • Mani Matter und die Anfänge des Berner Chansons. Radiosendung vom 27. Februar 1970 (CD), Zytglogge (zyt 4324), Oberhofen 2011.

Literatur

  • Stephan Hammer: Mani Matter und die Liedermacher. Zum Begriff des «Liedermachers» und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes. Lang, Bern 2010, ISBN 978-3-0343-0307-1.
  • Franz Hohler (Hrsg.): Mani Matter. Ein Porträtband. Benziger, Zürich 1977; wesentlich erweiterte 2. Auflage ebd. 1992, 3. Auflage 2001, ISBN 3-545-36508-5.
  • Brigitte Marschall: Mani Matter. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1023 f.
  • Wilfried Meichtry, Pascale Meyer (Hrsg.): Mani Matter (1936–1972). Liedermacher, Poet und Denker. Zytglogge, Oberhofen 2011, ISBN 978-3-7296-0825-2
  • Wilfried Meichtry: Mani Matter. Eine Biographie. Nagel & Kimche, München 2013, ISBN 978-3-312-00559-8.[12]
  • Paul Bernhard Rothen: i de gottvergässne stedt. Mani Matter und die Verteidigung des Christentums. Oberhofen 2013, ISBN 978-3-7296-0862-7.
  • Christine Wirz: Mani Matter. Vom Värslischmid, der ein Poet war. Stämpfli, Bern 2002, ISBN 3-7272-1295-0.

Fernsehbeiträge

  • Franz Hohler: Mani Matter: Ein Fernsehporträt. Video, 32 Minuten, 1973, Sternstunde Kunst.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mani Matter in der Schweizer Hitparade
  2. Martin Huber: Wo Mani Matter ums Leben kam. In: Tages-Anzeiger vom 30. August 2016.
  3. So klingt «Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama» heute. In: 20 Minuten vom 19. Januar 2011.
  4. Adrian Schräder: Klare Reime für eine verworrene Welt., Berner Zeitung vom 14. Mai 2012, abgerufen am 3. März 2017
  5. Christof Gertsch: Wo isch dr Walter?, Das Magazin N°8 vom 25. Februar 2017, abgerufen am 3. März 2017
  6. Köniz ehrt Mani Matter. Website der Gemeinde Köniz, 4. August 2016.
  7. Platz bei der Gurtenbahn wird nach Mani Matter benannt. In: Berner Zeitung. Abgerufen am 3. März 2017.
  8. Jetzt hat Mani Matter seinen Platz. In: bernerzeitung.ch/. (bernerzeitung.ch [abgerufen am 13. November 2018]).
  9. Urs Bruderer: SRF News: Schweizer Kulturexport – Mani Matter auf Tschechisch – kein Problem. 25. November 2016, abgerufen am 12. März 2017.
  10. Jan Řepka: Rozjímání o sendviči - betrachtige über nes sändwitsch. Abgerufen am 12. März 2017.
  11. Katharina Kilchenmann: Und immer wieder diese Lücke [Buchbesprechung]. In: Journal B. (journal-b.ch [abgerufen am 30. November 2016]).
  12. Christoph Bopp: Statt die Leute zum Nachdenken anzuregen, versetzte Mani Matter sie in Festzeltstimmung. Interview in: Aargauer Zeitung vom 13. April 2013
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