Harry Belafonte

Harry Belafonte

geboren am 1.3.1927 in Harlem, NY, USA

Alias Raymond Bell

Harry Belafonte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Harry Belafonte, eigentlich Harold George Bellanfanti, Jr., (* 1. März 1927 in Harlem, New York City)[1] ist ein US-amerikanischer Sänger, Schauspieler und Entertainer. In der Öffentlichkeit wurde er außerdem durch sein politisches und soziales Engagement und seine Tätigkeit als UNICEF-Botschafter des guten Willens bekannt.

Leben und Werk

Jugend und Ausbildung

Belafonte wurde als Sohn des Matrosen Harold George Bellanfanti, Sr. aus Martinique und der jamaikanischen Hilfsarbeiterin Malvene Love in Harlem im New Yorker Stadtbezirk Manhattan geboren. Er wuchs dort im Schwarzenghetto auf und zog 1935 mit seiner Mutter und seinen beiden älteren Brüdern in deren Heimatland Jamaika. 1939 kehrte die Familie nach New York zurück, wo Harry Belafonte die George Washington High School besuchte. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte er der US Navy an. Nach einem Theaterbesuch in einem „Negertheater“, in dem Paul Robeson auftrat, beschloss er, Schauspieler zu werden. So nahm er Ende der 1940er Jahre an dem vom deutschen Regisseur Erwin Piscator geleiteten Dramatic Workshop der New School for Social Research Unterricht, wo zur selben Zeit auch Tony Curtis, Marlon Brando und Walter Matthau studierten; nebenher jobbte Belafonte als Fahrstuhlführer und Verkäufer.

Erste Erfolge

1954 gelang es Belafonte, sich als Filmstar und Musiker zu etablieren, und er wurde in den 1950er Jahren mit dem „Banana Boat Song“ berühmt. Er erhielt eine eigene Fernsehshow. Belafonte, der mit karibischen Folksongs und Calypso begann,[2] entwickelte sich zum vielseitigen „Weltmusiker“. Er brachte dem US-amerikanischen Publikum Miriam Makeba, Nana Mouskouri und den ebenfalls noch unbekannten Bob Dylan nahe. Ihm gelang mit seiner afro-amerikanisch inspirierten Musik die Überschreitung der bis in die 1960er Jahre hinein wirkenden Rassentrennung im amerikanischen Fernsehen, z. B. mit seinem berühmten Auftritt mit Petula Clark beim Fernsehsender NBC. Seine Töchter besuchten die von dem deutschen Emigrantenehepaar Max und Gertrud Bondy geleitete Windsor Mountain School in Lenox (Massachusetts), eine der wenigen koedukativen und gemischtrassischen Schulen, die es in den 1960er und 1970er Jahren in den USA gab.

Schauspiel

Als Schauspieler hat Belafonte in zahlreichen Kinofilmen mitgewirkt, u. a. in Otto Premingers Carmen Jones (1955, eine Adaption von Georges Bizets Oper Carmen), Heiße Erde (1957), Samstagnacht im Viertel der Schwarzen (1974) oder Robert Altmans Kansas City (1996), PB & J Otter – Die Rasselbande vom Hoohaw-See (1999), Bobby (2006) und viele mehr. In den letzten Jahren arbeitete er meist mit dem Regisseur Robert Altman (1992; The Player) zusammen. Als erstem Schwarzen wurde ihm 1960 ein Emmy verliehen, dies für die TV-Sendung Tonight with Belafonte.

Musik

Calypso

1950 erhielt Belafonte einen Plattenvertrag bei Capitol Records. Jedoch lehnte er die ihm vorgelegten Kommerzsongs ab und der Vertrag wurde aufgelöst. So versucht er einen Neuanfang mit reinem Folksong-Repertoire, beeinflusst von der Musik der Westindischen Inseln. In diesem Rahmen trat er in einem New Yorker Nachtclub auf. Dort begeisterte Belafonte das Publikum mit seiner stilistischen Vielfalt und seinen Entertainerqualitäten, was ihm ein Engagement im berühmten Jazz-Club Village Vanguard einbrachte. Es dauerte jedoch noch zwei Jahre, bis Belafonte 1956 mit seinem Album Calypso Popgeschichte schrieb. Die karibischen Rhythmen trafen bei seinen Zeitgenossen auf offene Ohren und lösten einen Calypso-Boom aus. Belafonte, fortan der „King of Calypso“, wurde mit Day-O (The Banana Boat Song) bereits in jungen Jahren zur Ikone, auch wenn er dem plötzlichen Ruhm mit kritischer Distanz begegnete. Sein Album „Belafonte At Carnegie Hall“ war drei Jahre in den Charts. Harry Belafonte stieg bis zu Beginn der 1960er Jahre zu einem der berühmtesten afro-amerikanischen Künstler auf. Weitere Lieder aus dieser Zeit sind Matilda, Island in the Sun und Jamaica Farewell.

Auf seinen Tourneen hat Belafonte damals noch unbekannte Interpreten wie z. B. Nana Mouskouri präsentiert und somit zu deren Popularität beigetragen. Sein Bühnenprogramm enthält alles, was das Showbusiness zu bieten hat – von der internationalen Folklore über das Musical bis zur qualifizierten Swingmusik – was sich auch im kommerziellen Erfolg seiner Platten niederschlägt: Mit über 150 Millionen verkaufter Tonträger lässt sich seine Karriere allenfalls noch mit der eines Frank Sinatra oder eines Elvis Presley vergleichen.

Für seine Mitwirkung in John Murray Anderson’s Almanac (1953) erhielt er einen Tony Award und für die Alben Swing That Hammer (1965) und An Evening with Makeba/Belafonte (1965) jeweils einen Grammy Award.

Musikalisch ließ Belafonte den Calypso später hinter sich. Er nahm ein Gospel-Album auf, versuchte sich als Pop-Entertainer und frönte weiterhin seiner Liebe für Folk, auch wenn die Spitzenpositionen der Charts inzwischen von den Beatles und den Rolling Stones dominiert wurden.

Spätere Erfolge

Zu Beginn der 1980er Jahre wandte sich Belafonte an Lionel Richie, Michael Jackson und Quincy Jones mit der Idee, eine Benefizsingle für die hungernde Bevölkerung in Afrika aufzunehmen. Daraus wurde das Projekt „USA for Africa“. In einer Session mit anderen bekannten Musikern entstand „We Are The World“, das sich millionenfach verkaufte. 1988 nahm Belafonte nach langer Zeit wieder ein eigenes Album auf, „Paradise In Gazankulu“ und tourte in der Folge wieder regelmäßig.

In den 1990ern erlebten Harry Belafonte und seine Musik eine Renaissance. Die junge Generation entdeckt den „King of Calypso“ für sich. So wurden die Konzerte Belafontes zum generationenübergreifenden Erlebnis. Im Jahre 2002 veröffentlichte Belafonte sein „Lieblingsprojekt“: „The Long Road to Freedom“. Er hatte bereits 1954 angefangen, Lieder für seine Anthologie schwarzer Musik zu sammeln – Lieder, die den „langen Weg in die Freiheit“ jener Amerikaner nachvollziehen, „die einst als Gefangene aus Afrika gekommen waren“. Diese fünf CDs beginnen mit Kriegsgesang der westafrikanischen Aschanti aus dem 17. Jahrhundert, gehen über nigerianische Kinderlieder, frühe Spirituals, kreolische Chöre aus dem Mississippi-Delta, Arbeits-, Gefängnis- und Plantagenlieder, Blues und Gospel bis zu den Balladen der großen Städte. Die Reise endet um das Jahr 1900.

Zur Musik von heute sagt Belafonte, dass er in ihr nicht viel entdecken könne, was ihm gefällt. Mit einer Ausnahme: der Rap-Kultur. Die von der unterprivilegierten schwarzen Jugend begründete Bewegung stellt für ihn eine der wichtigsten musikalischen Ausdrucksformen des 21. Jahrhunderts dar. „Die Hip-Hop-Kultur kommt aus der Bronx, aus den Armenvierteln. Musik und Texte protestierten gegen Unterdrückung, gegen Rassismus und dagegen, dass die Demokratie Amerikas nicht für alle Bürger gilt. Darum ging es am Anfang und damit wurde eine große amerikanische Folk-Tradition fortgeführt, die wir als ‚Musik des Volkes‘ bezeichnen. Die nur auf Profit und Geld bedachte Musikindustrie trat jedoch schnell auf den Plan, um diese neue Kultur zu vermarkten. Dadurch wurde ihr Inhalt korrumpiert. Sie bekam ein neues Gesicht, das von Gewalt und Materialismus geprägt war. Interessant ist, dass viele junge Leute, mit denen ich zu tun habe, jetzt diese Musik zu ihren ursprünglichen Wurzeln zurückholen wollen. Das macht mir viel Mut.“[3]

Politik und soziales Engagement

Harry Belafonte wurde an der Seite seiner Freunde Martin Luther King und Robert F. Kennedy zum Bürgerrechtler und engagierte sich gegen Apartheid und den Vietnamkrieg. So unterstützte er in den 1950er Jahren eine Stiftung, die Afrikanern durch Stipendienvergabe ein Studium in den USA ermöglichte. Ein Stipendiant war der Kenianer Barack Obama senior, dessen Sohn Präsident der USA wurde.[4][5] Mit dem Einsatz für die schwarze Bürgerrechtsbewegung, seinem humanitären Engagement und als Aktivist der Friedens- und Anti-Atomkraft-Bewegung machte sich Belafonte durch Auftritte in der ganzen Welt einen Namen. Er vertritt bis heute sozialistische Ideale. Belafonte trat auch auf Friedensdemonstrationen in Deutschland auf und setzte sich in der Zeit der griechischen Militärdiktatur für den verfolgten Komponisten Mikis Theodorakis ein.

So war er Initiator und Mitorganisator der Aufnahme zu dem Album und Video We Are the World, mit denen Hungerhilfsprojekte in Afrika unterstützt wurden.[6] Geld, das er mit seiner Kaffeereklame verdiente, spendete er der Indianerbewegung, von seiner ersten verdienten Million baute er ein Krankenhaus für Arme. Er unterstützte Kampagnen gegen die Apartheid in Südafrika, gegen den Vietnamkrieg und gegen Atomkraft. Seit 1987 ist er Botschafter des Guten Willens der UNICEF. 2016 unterstützte er im Vorwahlkampf die Kandidatur von Bernie Sanders bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten.[7]

Privates

Harry Belafonte hat zwei Kinder aus erster Ehe: Shari Belafonte und Adrienne Biesemeyer. In zweiter Ehe war Harry Belafonte mit der Tänzerin und Schauspielerin Julie Robinson-Belafonte verheiratet. Sie haben zwei Kinder: David Belafonte und Gina Belafonte. Seit April 2008 ist er in dritter Ehe mit Pamela Frank verheiratet.

Im Januar 2010 überreichte Harry Belafonte seinem langjährigen Freund und Kollegen Joachim Fuchsberger die Goldene Kamera als Ehrenpreis für das Lebenswerk.

Zitate

  • 1983: „Die Leute, die uns die Bürgerrechte absprechen, sind genau die gleichen Leute, die den Weltfrieden ablehnen.“
  • Oktober 2002: Bezeichnung Colin Powells als „Haussklave“ Bushs.[8]
  • Dezember 2002 auf Kubabesuch: „Es dürfte schwer sein, ein Land zu finden, das mehr Wert legt auf die Kultur seiner Menschen und die Entwicklung dieser Kultur als Kuba.“[9]
  • Januar 2006, auf Venezuela-Besuch: „Bush ist der größte Terrorist der Welt.“ „Millionen unterstützen (den Sozialisten) Chávez.“[10]
  • Januar 2006: „Wir sind in einer dunklen Zeit angelangt, wo die neue Gestapo des Innenministeriums lauert, wo Bürgerrechte aufgehoben werden.“[11]
  • Februar 2007: „Sie sind ein überzeugter Gegner des Irakkrieges, kämpfen offensiv gegen George W. Bush.“ Darauf Belafonte: „Das ist mein liebstes Hobby. Wer gibt uns das Recht, die Menschen im Irak zu töten? Bush behauptet, dass Amerika zum ersten Mal Terroristen jagt – dabei ist Terrorismus ein Teil des amerikanischen Systems. Amerika hat eine ganze Rasse vernichtet, die Indianer. Das ist Terror.“
    (Am 18. Februar 2007 in der Bild am Sonntag)

Diskografie (Auswahl)

  • Angelina
  • 1957: Banana Boat Song (Day-O)
  • Coconut Woman
  • Come Back Liza
  • Cotton Fields
  • Cu Cu Ru Cu Cu Paloma
  • Gomen Nasai
  • Gotta Travel on
  • Haiti Cherie
  • Hold’em Joe
  • I’m Just a Country Boy
  • 1957: Island in the Sun
  • Jamaica Farewell
  • Jump in the Line
  • La Bamba
  • Mama Look A Boo Boo
  • Mary’s Boy Child
  • Matilda
  • Round the Bay of Mexico
  • Scarlet Ribbons
  • Skin to Skin
  • The Son of Mary
  • Try to Remember
  • Two Brothers
  • 1963: Come Away Melinda
  • Mark Twain (1954)
  • Belafonte (1955)
  • An Evening with Belafonte (1956)
  • Calypso (1956)
  • Belafonte sings of the Caribbean (1957)
  • Belafonte sings the Blues (1958)
  • Love Is a Gentle Thing (1958)
  • To wish you a Merry Christmas (1958)

Filmografie

  • 1953: Bright Road – Regie: Gerald Mayer (mit Dorothy Dandridge)
  • 1954: Carmen Jones – Regie: Otto Preminger (mit Dorothy Dandridge und Diahann Carroll)
  • 1957: Heiße Erde (Island in the Sun) – Regie: Robert Rossen (mit James Mason, Joan Fontaine, Dorothy Dandridge und Joan Collins)
  • 1959: The World, the Flesh and the Devil – Regie: Ranald MacDougall (mit Inger Stevens und Mel Ferrer)
  • 1959: Wenig Chancen für morgen (Odds Against Tomorrow) – Regie: Robert Wise (mit Robert Ryan, Shelley Winters und Gloria Grahame)
  • 1970: The Angel Levine – Regie: Jan Kadar (mit Zero Mostel)
  • 1971: Der Weg der Verdammten (Buck and the Preacher) – Regie: Sidney Poitier (mit Sidney Poitier)
  • 1974: Samstagnacht im Viertel der Schwarzen (Uptown Saturday Night) – Regie: Sidney Poitier (mit Sidney Poitier und Bill Cosby)
  • 1984: Beat Street (als Produzent)
  • 1992: The Player, mit Tim Robbins, Whoopi Goldberg, Greta Scacchi
  • 1995: White Man’s Burden – Regie: Desmond Nakano (mit John Travolta)
  • 1996: Kansas City – Regie: Robert Altman (mit Jennifer Jason Leigh und Miranda Richardson)
  • 1996: Jazz '34 – Regie: Robert Altman – Belafonte als Erzähler
  • 2006: Bobby
  • 2011: Sing your Song (Dokumentarfilm), Regie: Susanne Rostock

Ehrungen

Für seine Bemühungen erhielt Harry Belafonte zahlreiche Preise und Anerkennungen:

  • 1985 bekam er einen Grammy
  • 1988 erhielt er den Leader for Peace Award des Peace Corps.
  • 2006 erhielt Belafonte den BET Humanitarian Award (Black Entertainment Television).
  • Am 15. Februar 2011 wurde er mit dem Ehrenpreis von UNICEF für sein soziales Engagement ausgezeichnet.
  • 2013 ernannte ihn Amnesty International zum „Botschafter des Gewissens“.
  • Am 6. März 2014 wurde Belafonte zum Ehrendoktor des Berklee College of Music ernannt[12]
  • Am 8. November 2014 erhielt er den Ehrenoscar der Academy of Motion Picture Arts and Sciences für sein Lebenswerk und seinen Einsatz für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung.

Literatur

Autobiografie

Gespräche und Interviews

  • Harry Belafonte: Was mich bewegt; Gespräche mit Günter Amendt. Konkret Literatur, Hamburg 1982 u. ö., ISBN 3-922144-17-9.
  • Gero von Boehm: Harry Belafonte. 17. Juni 2003. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S.389–396.

Biografisches

  • Barry Graves: Harry Belafonte. In: Rock Lexikon. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 1998 & 2003, ISBN 3-499-16353-5.
  • Günter Koch: Ein Junge aus Harlem, Harry Belafonte. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1990, ISBN 3-327-00849-3.

Weblinks

 Commons: Harry Belafonte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Harry Belafonte, mit Michael Shnayerson: My Song. Die Autobiographie Kiepenheuer & Witsch, 2012, Seite 25 ff.
  2. Dies empfahl ihm die spätere Produzentin Helen Keane, die zu dieser Zeit bei der Agentur MCA arbeitete.
  3. Michael Kleff: Harry Belafonte: Anthologie der schwarzen Musik als Lebenswerk. Folker 2/2003, archiviert vom Original am 1. August 2012; abgerufen am 1. März 2017.
  4. The Guardian: Barack Obama's father on colonial list of Kenyan students in US, vom 18.04.2012, geladen am 08.03.2017
  5. Berliner Morgenpost: Der Mann, der Obama den Weg ebnete., vom 20.02.2017, geladen am 08.03.2017
  6. Vgl. Süddeutsche Zeitung Nr. 53/2012, S. 3.
  7. Bernie 2016: Harry Belafonte Endorses Bernie Sanders for President. 11. Februar 2016, abgerufen am 11. Februar 2016.
  8. smh.com.au
  9. cubanet.com
  10. foxnews.com
  11. msnbc.msn.com
  12. Honorary Degree Recipients, Berklee College of Music (englisch)
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 27.01.2018 23:48:24

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