Musikdatenbank
Musiker
Camille Saint-Saëns

geboren am 9.10.1835 in Paris, Frankreich
gestorben am 16.12.1921 in Algier, Algerien
Camille Saint-Saëns
Charles Camille Saint-Saëns [ʃaʁl kamij sɛ̃sɑ̃(s)][1] (* 9. Oktober 1835 in Paris; † 16. Dezember 1921 in Algier) war ein französischer Pianist, Organist, Musikwissenschaftler, Musikpädagoge und Komponist der Romantik. Er wurde vor allem durch seine „große zoologische Fantasie“ Karneval der Tiere und die Oper Samson et Dalila bekannt.
Leben
Ausbildung
Camille Saint-Saëns’ musikalisches Talent wurde schon früh von seiner Mutter und seiner Großtante gefördert. Mit drei Jahren konnte er lesen, im Alter von sechs Jahren schrieb er erste Kompositionen, mit elf Jahren gab er 1846 sein erstes öffentliches Konzert in der Salle Pleyel in Paris. Von manchen Zeitgenossen wurde er als neuer Mozart gehandelt. Mit 16 war er bereits Student an der Universität in Paris, mit 15 Jahren hatte er zuvor schon die Sinfonie A-Dur komponiert.
Am Pariser Konservatorium studierte er Klavier bei Camille Stamaty, Orgel bei François Benoist und Komposition bei Jacques Fromental Halévy. 1852 wurde er Organist von Saint-Séverin in Paris. In diesem Jahr lernte er Franz Liszt kennen, der auch musikalisch einen nachhaltigen Einfluss auf ihn ausüben sollte.
Frühwerk
Sein musikalisches Debüt als Komponist hatte Saint-Saëns 1853, als seine erste Sinfonie aufgeführt wurde, und 1857 mit seiner zweiten, die von der Kritik positiv aufgenommen wurden.
1854 wechselte er zur Église Saint-Merry, 1858 an die Madeleine-Kirche, gab 1877 jedoch diese Position auf, um sich der Komposition zu widmen. Von 1861 bis 1865 lehrte er an der École Niedermeyer de Paris Klavier, wo auch Gabriel Fauré zu seinen Schülern gehörte.
Vom Theater beeinflusst entstanden 1865 die Opern Le Timbre d’Argent und 1868 Samson et Dalila, die ebenso wie Etienne Marcel wenig erfolgreich waren. 1872 komponierte er die nahezu unbekannte Oper Die Gelbe Prinzessin. Erst 1877 wurde Samson et Dalila in Weimar und Lyon uraufgeführt, in Paris fand die französische Erstaufführung 1892 statt.
Wesentlich mehr Erfolg hatte er mit seinen sinfonischen Dichtungen Le Rouet d’Omphale (1872), Phaeton (1873), Danse macabre (1875), in dem er das Xylophon in die sinfonische Musik einführte,[2] und La Jeunesse d’Hercule (1877). Das 1858 vollendete Oratorio de Noël op. 12 erfreut sich seit einigen Jahren auch in Deutschland großer Beliebtheit. Es ist in seiner lyrisch-kontemplativen Art, die durch den kammermusikalischen Einsatz des Orchesters, die schlichte Chorpartitur und den Einsatz der Harfe unterstrichen wird, kaum mit Johann Sebastian Bachs feierlich-barockem Weihnachtsoratorium vergleichbar. Es wird in der weihnachtlichen Kirchenmusik gleichwohl immer häufiger als Alternative aufgeführt.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg machte er sich 1871 für eine nationale französische Musik stark und gründete gemeinsam mit César Franck die Société Nationale de Musique. In der Folgezeit unternahm er zahlreiche Kunstreisen und wirkte nicht nur als Komponist und Pianist, sondern auch durch Aufsätze zu musikalischen Themen.
Spätwerk
Lange Junggeselle geblieben, heiratete er 1875 mit 40 Jahren die 19-jährige Industriellentochter Marie-Laure Truffot aus Le Cateau-Cambrésis. Die Ehe verlief unglücklich. Zwei Söhne starben 1878. Saint-Saëns verließ seine Frau unter Zurücklassen eines Zettels „Ich bin weg“ und zog zu seiner Mutter zurück. 1877 erhielt er 100.000 Franc von dem Mäzen Albert Libon, dem er 1878 das Requiem widmete. In den 1880er Jahren galt er als größter Musiker des Landes, wurde 1881 in die Akademie der schönen Künste gewählt und 1884 zum Offizier der Ehrenlegion, 1913 erhielt er das Großkreuz der Ehrenlegion. In den letzten Lebensjahren reiste er viel nach Nordafrika und Amerika, noch mit 80 Jahren machte er eine erfolgreiche USA-Tournee. Er bekämpfte Einflüsse der deutschen Musik auf die französische und besonders den Kult um Richard Wagner und Arnold Schönberg. Mit 86 Jahren spielte er im Kasino von Dieppe zum 75-jährigen Bühnenjubiläum als Pianist.
Trotzdem verblasste sein Ruhm in Frankreich, wo er als altmodisch galt. Obwohl er sich für eine progressive französische Sinfonik eingesetzt hatte, blieb seine Musik eher konservativ. Eine große Ausnahme stellt sein Spätwerk Le Carnaval des Animaux (Karneval der Tiere) von 1886 dar, das sich durch seinen deskriptiven Charakter von der zeitgenössischen Musik abhob. 1908 komponierte er zum ersten Mal eine spezielle Filmmusik für den Film Die Ermordung des Herzogs von Guise.
Zu seinen berühmten Kompositionen zählt auch die Sinfonie Nr. 3 in c-Moll, die Orgelsinfonie, die weltweit Anklang fand und das Dies irae zum Grundthema hat. Das signifikante Maestoso des Werks inspirierte das Duo Scott Fitzgerald und Yvonne Keeley zu der Reggae-Adaption If I Had Words, die 1978 zu einem Charterfolg wurde. Auch einige der Klavierkonzerte (insbesondere das zweite, vierte und fünfte) gehören auch heute noch zu seinen bekannteren Schöpfungen, sein 1. Cellokonzert in a-Moll gilt als Pflichtstück eines jeden Solocellisten.
Seine Instrumentation ist gelegentlich von eigenartigen, fast experimentellen Klangbildern gekennzeichnet. So schreibt er beispielsweise im Finalsatz der genannten Orgelsinfonie einen Klavierpart zu vier Händen vor, in seinem Klavierquintett verlangt er ebenso im Finalsatz den Einsatz eines Kontrabasses.
Nach dem Tod in Algier auf einer Reise wurde er nach Paris übergeführt und dort auf dem Friedhof Montparnasse beigesetzt.
Übersicht seiner Werke
Werke für Klavier
Werke für Klavier solo
- 6 Bagatellen op. 3
- Mazurka op. 21
- Gavotte op. 23
- Mazurka op. 24
- Allegro op. 29
- 6 Etüden op. 52
- Menuett und Walzer op. 56
- Une nuit a Lisbonne op. 63
- Mazurka op. 66
- Allegro appassionato op. 70
- Album für Klavier op. 72
- Souvenir d’Italie op. 80
- Les cloches du soir op. 85
- Valse canariote op. 88
- Suite für Klavier op. 90
- Duettino op. 11
- Feuillet d’album op. 81
- Pas redouble op. 86
- Berceuse op. 105
- Marche interaliée op. 155
Werke für zwei Klaviere
- Beethoven-Variationen op. 35
- König Harald Harfagar
- Minuet et Gavotte op. 65
- Polonaise für 2 Klaviere op. 77
- Scherzo für 2 Klaviere op. 87
- Caprice Arabe op. 96
- Caprice héroique op. 106
- Sur les bords du Nil op. 125
Werke für Klavier und Orchester
- Klavierkonzert Nr. 1 D-Dur op. 17 (1858)
- Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll op. 22 (1868)
- Klavierkonzert Nr. 3 Es-Dur op. 29 (1869)
- Klavierkonzert Nr. 4 c-Moll op. 44 (1875)
- Klavierkonzert Nr. 5 F-Dur op. 103 „Ägyptisches Konzert“ (1896)
- Allegro appassionato op. 70
- Rhapsodie d’Auvergne op. 73
- Weddingcake op. 76 (nur Streichorchester)
- Afrika op. 89
Werke für Orgel
Werke für Orgel solo
- Rhapsodien auf bretonische Melodien op. 7
- Préludes et Fugues op. 99
. Préludes et Fugues op. 109
- Elévation ou Communion op. 13
- 1. Fantasie für Orgel Es-Dur (ohne Opuszahl)
- 2. Fantasie für Orgel Des-Dur op. 101
- Improvisationen op. 150
- 3. Fantasie für Orgel C-Dur op. 157
Werk für Orgel oder Harmonium
- Neuf Pièces pour Orgue ou Harmonium (L’Organiste 1912)
Werk für Harmonium
- 3 Morceaux pour Harmonium
Werk für Harmonium und Klavier
- Six Duos pour Harmonium et Piano op. 8
Werke für Violine
Violinsonaten
- Violinsonate Nr. 1 d-Moll op. 75
- Violinsonate Nr. 2 op. 102
Andere Werke für Violine und Klavier
- Berceuse op. 38
- Triptyche op. 136
- Elegie op. 143
- Elegie op. 160
Violinkonzerte
- Violinkonzert Nr. 1 A-Dur op. 20 (1859)
- Violinkonzert Nr. 2 C-Dur op. 58 (1880)
- Violinkonzert Nr. 3 h-Moll op. 61 (1880)
Andere Werke für Violine und Orchester
- Introduction et Rondo capriccioso op. 28
- Romanze C-Dur op. 48
- Romanze op. 51
- Morceau de concert op. 62
- Havanaise op. 83 (1887)
- Sarabande Nr. 1 E-Dur op. 93
- Caprice andalou op. 122 (1904)
Werke für Violoncello
Werke für Cello und Klavier
- Cellosonate Nr. 1 c-Moll op. 32 (1872)
- Chant saphique op. 91 (1887)
- Cellosonate Nr. 2 F-Dur op. 123 (1905)
- Souvenirs (1895)
- Der Schwan (aus dem Karneval der Tiere)
Werke für Cello und Orchester
- Konzert für Violoncello Nr. 1 a-Moll op. 33 (1872)
- Konzert für Violoncello Nr. 2 d-Moll op. 119
- Suite für Cello und Orchester op. 16 (1863)
- Allegro appassionato op. 43 (1876)
Werke für andere Soloinstrumente
Werke für Flöte und Orchester
- Romanze Des-Dur op. 37
- Odelette op. 162
Werke für Horn und Klavier
- Romanze für Horn und Klavier op. 67
Werke für Horn und Orchester
- Romanze F-Dur op. 36
- Morceau de concert op. 94
Sonstige solistisch besetzte Werke
- Cavatine für Tenorposaune und Klavier op. 114
- Cypres et Lauriers für Orgel und Orchester
- Fantaisie für Harfe op. 95
- Harfenkonzert op. 154
- Prière [Gebet] für Violoncello und Orgel op. 158
- Sonate für Oboe und Klavier op. 166
- Sonate für Klarinette und Klavier op. 167
- Sonate für Fagott und Klavier op. 168
Lieder
- La coccinelle (Text: Victor Hugo; gewidmet dem Tenor Victor Capoul)
Kammermusik
Streichquartette
- Streichquartett Nr. 1 op. 112
- Streichquartett Nr. 2 op. 153
Klaviertrios, -quartett, -quintett
- Klaviertrio Nr. 1 op. 18
- Klaviertrio Nr. 2 op. 92
- Klavierquartett E-Dur
- Klavierquartett B-Dur op. 41
- Klavierquintett op. 14
Sonstige Besetzungen
- Tarantella für Flöte, Klarinette und Klavier op. 6
- Septett Es-Dur für Trompete, zwei Violinen, Bratsche, Cello, Bass und Klavier op. 65
- Caprice sur des airs danois et russes für Flöte, Oboe Klarinette und Klavier op. 79
- Fantasie für Violine und Harfe op. 124
- Sonate für Klarinette und Klavier Es-Dur op. 167
Werke für Orchester
Sinfonien
- Sinfonie A-Dur (1850)
- Sinfonie Nr. 1 Es-Dur op. 2 (1853)
- Sinfonie F-Dur „Urbs Roma“ (1856)
- Sinfonie Nr. 2 a-Moll op. 55 (1859)
- Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 „Orgelsinfonie“ (1886)
Sonstige Orchesterwerke
- Le Rouet d’Omphale op. 31 (1872)
- Phaeton op. 39 (1873)
- Danse macabre op. 40 (1874)
- Suite algérienne op. 60
- Wedding Cake op. 76
- L’Assassinat de duc de Guise op. 128 (Filmmusik)
- La muse et le poète op. 132 (1909)
- La Jeunesse d’Hercule (1877)
- Le Carnaval des Animaux (1886)
- Trois Tableaux Synphoniques d’après La Foi op. 130 (Drame de Brieux)
Werk für Blasorchester
- Orient et Occident op. 25 (1869)
Opern, Ballett und Theater
Opern
- Frédégonde
- Etienne Marcel
- Le Timbre d’Argent (1865)
- La princesse jaune (1872)
- Samson et Dalila (1877)
- Henry VIII (1883)
- Proserpine (1887)
- Les Barbares (1901)
- Hélène (1903)
Ballett
- Javotte (1896)
Bühnenmusik
- Parysatis (1902)
Geistliche Werke
- Messe op. 4
- Oratorio de Noël op. 12 (1858)
- Psalm XVII op. 42
- Le Déluge op. 45
- Requiem op. 54
Literatur
- Michael Stegemann: Camille Saint-Saëns und das französische Solokonzert von 1850 bis 1920. Schott, Mainz/London/New York/Tokyo 1984, ISBN 3-7957-1787-6.
- Michael Stegemann: Camille Saint-Saëns. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-499-50389-1.
- Boris Aljinovic: Der Karneval der Tiere und die Küchenrevue [Tonträger]. O-Ton-Produktion, Berlin 2006, ISBN 3-9810256-5-2.
- Camille Saint-Saëns: Der Karneval der Tiere. Gretel-Verlag, Dinklage 2011.
- Giuseppe Clericetti: Camille Saint-Saëns. Il Re degli spiriti musicali. Zecchini, Varese 2016, ISBN 978-88-6540-174-3.
Weblinks
- Literatur von und über Camille Saint-Saëns im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Camille Saint-Saëns in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Noten und Audiodateien von Camille Saint-Saëns im International Music Score Library Project
- www.kreusch-sheet-music.net – Gemeinfreie Noten von Camille Saint-Saëns
- Piano Society – Saint-Saëns – Freie Aufnahmen
- Frei zugängliche Partitur der Sinfonie Nr. 3
- Frieder Reininghaus: Bruchstücke aus einer entschwundenen Welt: Vor 175 Jahren wurde der Komponist Camille Saint-Saëns geboren. Deutschlandfunk, Sendung „Das Kalenderblatt“, 9. Oktober 2010
- Camille Saint-Saëns im Choral Public Domain Library
- Camille Saint-Saëns: Sinfonie Nr. 3, c-Moll, op. 78, «Orgelsinfonie». Spanisches Radio und Television Sinfonisches Orchester. Jun Märkl, Dirigent.
Einzelnachweise
- ↑ Obwohl französischsprachige Musiker und Intellektuelle oft noch die traditionelle Aussprache ohne Endungs-S benutzen, ist die Aussprache mit S im Französischen mittlerweile sehr verbreitet, selbst unter Radioansagern. Der Komponist selbst wünschte, dass sein Name wie die Ortschaft Saint-Saëns ausgesprochen werden solle, die bis etwa 1940–1950 ohne Endungs-S ausgesprochen und bis etwa 1840–1860 auch ohne Endungs-S geschrieben wurde, wie Claude Fournier in seiner Chronik der Stadt erklärt. (Doit-on prononcer le «s» final de Saint-Saëns?) Das Trema auf dem E stammt aus der Zeit, als das E noch nicht stumm war, aber seitdem es stumm ist, hat das Trema keine Bedeutung mehr für die Aussprache, wie z.B. auch im Namen von Madame de Staël.
- ↑ Baltimore Symphony Orchestra: Danse macabre, opus 40, (englisch, PDF; 64 kB)
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Louis Lefébure-Wély | Titularorganist der Orgel von La Madeleine 1858–1877 |
Théodore Dubois |
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