Johannes Ciconia

geboren 1335 in Liège, Wallonie, Belgien

gestorben im Dezember 1411 in Padova, Veneto, Italien

Johannes Ciconia

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Johannes Ciconia (* um 1335 oder um 1370 in Lüttich; 1412 in Padua) war ein niederländischer Komponist. Es gibt in den Quellen etliche Personen des gleichen Namens, wobei jene um 1335 geborene der Vater der zweiten sein könnte, wovon im Weiteren hier ausgegangen wird. Die überlieferten Werke könnten alle von dem Sohn Ciconia stammen, zumal es Verbindungen zur Ars subtilior des späten 14. Jahrhunderts gibt (Sus un' fontayne) und ein älterer Komponist wohl schwerlich diese neue Denkweise amalgamiert hätte.

Leben Ciconia I (Vater?)

Der Vater, dessen Namensvariante Jehan de Chywongne ist, stammte aus der Familie eines wohlhabenden Handwerksmeisters und erhielt in seiner Heimatstadt eine fundierte Ausbildung. Er wird mit Avignon in Verbindung gebracht. Im Jahr 1348 bot sich ihm die Gelegenheit, den Kardinal Gilles d'Albornoz nach Italien zu begleiten. Dort erhielt er Einblick in den italienischen Musik- und Kompositionsstil. Er blieb zunächst in Italien und bekleidete von 1359 bis 1362 die Stelle eines Kanonikus in Cesena. Er soll um 1370 nach Lüttich zurückgekehrt sein und dort eine Familie gegründet haben. Sein Sterbedatum ist unbekannt.

Leben Ciconia II (Sohn?)

Der illegitime Sohn Johannes, um 1370 geboren, taucht zunächst 1385 als Chorsänger auf. 1391 bekam er eine päpstliche Dispens von seiner illegitimen Geburt, sowie eine Pfründe in Lüttich. Er ging wohl Anfang der 1390er Jahre nach Rom und wurde dort von Antonio Zacara da Teramo beeinflusst, etwa in der Motette O virum omnimoda. Sein Madrigal Una panthera wird auf Gian Galeazzo Visconti bezogen. Damit wird eine Beziehung Ciconias nach Pavia 1399 wahrscheinlich. 1401 wurde er cantor et custos an der Kathedrale in Padua. Sein Gönner in Padua war Antonio Zacara da Teramo, der ihm ein beneficium gewährte. Ciconia schrieb dort auch für die Familie Carrara. Ein Großteil seines Werkes entstand in Padua. Er entwickelte einen eigenen, hochmelodiösen Stil, der im gesamten Europa sehr einflussreich wurde in der Zeit unmittelbar vor Guillaume Du Fay. Ciconia wirkte in Padua bis zu seinem Ableben 1412. Dieses Sterbedatum ist durch zwei Quellen inzwischen eingegrenzt und gesichert.

Werk Ciconia II (Sohn?)

Seine Werke sind in einigen Fällen nur fragmentarisch überliefert. Er hinterließ Messen, Motetten, Balladen, Madrigale und weitere einzelne Kompositionen wie Virelais und Kanons. Der metrisch extrem komplexe Kanon Le ray au soleyl wird ihm zugeschrieben. Durch die Verbindung der franko-flämischen mit der italienischen Kompositionsweise übte er zu seiner Zeit erheblichen Einfluss auf die musikalische Weiterentwicklung aus, besonders was die Vereinfachung der rhythmischen Faktur (nach der komplexen Ars subtilior) betraf. Auch die Melodieführung ist bei ihm neuartig und sehr stark auf das Wort bezogen, etwa wenn hell strahlende Städte wie Padua oder Venedig besungen werden: Unser modernes Dur findet hier einen frühen Vorläufer. Ciconia erscheint beeinflusst vom Melodiestil des berühmten Italieners Francesco Landino. Ciconia trat auch als Musiktheoretiker in Erscheinung und forderte in seiner Proportionslehre, dass über die Kontrolle der Tondauern hinaus auch die Gesamtform proportional gestaltet werden müsse. Diese Ansicht machte sich später Guillaume Du Fay zu eigen, etwa in seiner Motette Nuper rosarum flores.

Zu seinen Werken zählen:

  • Una panthera, Madrigal
  • Ben che da vui donna, Ballata
  • Per quella strada, Madrigal
  • Gli atti col dançar frances, Ballata
  • Che nel servir anticho, Ballata
  • Sus un' fontayne, Virelai
  • Quod jactatur, Canon
  • Poy che morir mi convien, Ballata
  • I cani sono fuora, Madrigal
  • O rosa bella, Ballata
  • Chaçando un giorno, Madrigal
  • Lizadra donna, Ballata
  • Deduto sei a quel, Ballata grande
  • Merçé o morte, Ballata
  • La fiamma del to amor, Ballata
  • O Padua sidus praeclarum, Motette
  • Cacciando un giorno, Madrigal
  • Venecie mundi splendor, Motette
  • Le ray au soleyl, Canon, opus dubium
  • Aler m'en veus, Virelai
  • Albane misse celitus, Motette
  • Gloria, Credo "Regina gloriosa" , Messteile

Aufnahmen

  • Opera Omnia, Diabolus in Musica, La Morra bei Ricercar, Aufn. 2010, 2011 (Doppel-CD)

Literatur

  • Suzanne Clercx: Johannes Ciconia : un musicien liégeois et son temps (vers 1335-1411). Bruxelles: Palais des Académies, 1960
  • Richard H. Hoppin: Medieval Music. New York: W.W. Norton & Co., 1978. ISBN 0-393-09090-6
  • Annette Kreutziger-Herr: Johannes Ciconia (ca. 1370-1412). Hamburg 1991. Verlag Karl-Dieter Wagner ISBN 3-88979-051-8
  • Giuliano di Bacco, John Nádas, Margaret Bent and David Fallows. Ciconia, Johannes. The New Grove Dictionary of Music and Musicians, 2nd Edition. London: Macmillan, 2001.
  • Philippe Vendrix, editor. Johannes Ciconia: musicien de la transition. Turnhout, Belgium: Brepols, 2003. ISBN 2-503-51455-3
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