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Musiker

Giovanni Battista Pergolesi

Giovanni Battista Pergolesi

geboren am 4.1.1710 in Jesi, Marche, Italien

gestorben am 16.3.1736 in Pozzuoli, Campania, Italien

Giovanni Battista Pergolesi

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Giovanni Battista Pergolesi (* 4. Januar 1710 in Jesi, Marche; † 16. März 1736 in Pozzuoli bei Neapel; auch Pergolese geschrieben) war ein italienischer Komponist.

Leben

Seinen ersten Musikunterricht erhielt Giovanni Battista Pergolesi von Francesco Santi, dem Kapellmeister am Dom zu Jesi. Die Verbindungen, die sein Vater als Landvermesser zum städtischen Adel hatte, ermöglichten Pergolesi ein Studium am Conservatorio dei Poveri di Gesù Cristo in Neapel, wo er um das Jahr 1722 aufgenommen wurde. Seine wichtigsten Lehrer waren dort Gaetano Greco und Francesco Durante. Als Abschluss seiner Studienzeit dürfte die Aufführung des Dramma sacro Li prodigi della divina grazia nella conversione e morte di S. Guglielmo duca d’Aquitania im Sommer 1731 im Kloster von San Agnello anzusehen sein.

Unmittelbar darauf erhielt Pergolesi den Kompositionsauftrag für die Oper La Salustia zur Eröffnung der Karnevalsspielzeit am Teatro San Bartolomeo. Da der für die Hauptrolle vorgesehene Kastrat Nicolino während der Probenzeit erkrankte und am 1. Januar 1732 verstarb, verzögerte sich die Premiere und wurde schließlich ein Misserfolg. Im selben Jahr wurde Pergolesi Kapellmeister des Fürsten Ferdinando Colonna Stigliano. Die Aufführung der komischen Oper Lo frate ’nnamorato am 28. September 1732 im Teatro dei Fiorentini brachte ihm anhaltenden Erfolg.

Nachdem am 29. November ein verheerendes Erdbeben Neapel erschüttert hatte, beschlossen die Stadtväter, alljährlich am 31. Dezember in der Kirche Santa Maria della Stella einen Bittgottesdienst abzuhalten. Für diese Anlässe entstanden vermutlich Pergolesis Messe in D-Dur und die meisten seiner Vesperkompositionen. Zum Geburtstag der Kaiserin am 28. August 1733 schrieb er die Oper Il prigionier superbo mit der als Zwischenspiel aufgeführten Farce La serva padrona, die, von der Hauptoper losgelöst, bald überall nachgespielt und zum ersten Repertoirestück des Musiktheaters wurde. Am 23. Februar 1734 erhielt Pergolesi die Ernennung zum Stellvertreter des königlichen Kapellmeisters Domenico Sarro mit der Option, im Falle von Sarros Ableben dessen Nachfolge anzutreten.

Nach dem Rückzug der Österreicher (die seit 1707 die Stadt regiert hatten) und dem Einzug Karls von Bourbon als Vizekönig Karl III. am 10. Mai folgte Pergolesi dem Fürsten von Stigliano nach Rom. Dort ernannte ihn ein Verwandter des Fürsten, der Herzog von Maddaloni Carafa, zu seinem Kapellmeister. Im Auftrag des Herzogs schrieb Pergolesi die doppelchörige Messe F-Dur, die am 16. Mai 1734 in der Kirche San Lorenzo in Lucina aufgeführt wurde.

Wieder in Neapel, kam anlässlich des Geburtstages der spanischen Königin am 25. Oktober 1734 Pergolesis neue Oper Adriano in Siria am Teatro San Bartolomeo heraus. Pergolesi hatte die Hauptrolle ganz nach den Wünschen des Star-Kastraten Caffarelli (Gaetano Majorano) schreiben müssen, der sich einen großen persönlichen Erfolg ersang, während das Stück als Ganzes durchfiel. Wahrscheinlich wegen des Eindrucks, den seine F-Dur-Messe in Rom hinterlassen hatte, erhielt Pergolesi den Auftrag für die Oper L’olimpiade, die im Januar 1735 im römischen Teatro Tordinona Premiere hatte. Zeitgenössischen Berichten zufolge stieß das Werk auf Ablehnung; ein unzufriedener Zuhörer soll dem Komponisten eine Orange an den Kopf geworfen haben (so berichtet es André-Ernest-Modeste Grétry in seinen Memoiren unter Berufung auf Zeitzeugen).

Einen großen Erfolg brachte Pergolesi die komische Oper Il Flaminio im Herbst 1735 im Teatro dei Fiorentini in Neapel. Nach einer Bemerkung im Libretto zu schließen, war er zuvor zum Organisten der Königlichen Kapelle in Neapel ernannt worden. Die Arbeit an der Kantate Il tempo felice für die Hochzeit des Fürsten Raimondo di San Severo im Dezember 1735 musste Pergolesi krankheitshalber abbrechen; sie wurde von Nicola Sabatino fertiggestellt. Pergolesi begab sich zur Erholung in den Badeort Pozzuoli bei Neapel. Dort entstand, vermutlich im Auftrag der „Confraternità dei Cavalieri di S. Luigi di Palazzo“, das Stabat mater, das als seine letzte vollendete Komposition gilt. Pergolesi starb am 16. März 1736 an Tuberkulose und wurde am 17. März im Franziskanerkloster in Pozzuoli beigesetzt.

Nachruhm

In den fünf Jahren, die ihm nach Verlassen des Konservatoriums als Schaffenszeit vergönnt waren, schuf Pergolesi ein Gesamtwerk, das die Nachwelt beschäftigt hat wie das kaum eines anderen italienischen Komponisten des 18. Jahrhunderts (ausgenommen Antonio Vivaldi). Der frühe Tod gab ähnlich wie im Falle Mozarts Anlass zu schwärmerischer Verehrung und sentimentaler Verklärung (Vincenzo Bellini nannte ihn den „angelico maestro“), hinter der die reale historische Persönlichkeit nahezu verschwand. Zudem veranlasste der unmittelbar nach dem Ableben einsetzende Nachruhm manchen Verleger, die Zugkraft des nunmehr berühmten Namens zur Vermarktung von Werken weniger bekannter Komponisten zu nutzen. Die Liste der Pergolesi irrtümlich zugeschriebenen oder vorsätzlich untergeschobenen Werke ist daher mindestens so lang wie die seiner authentischen Kompositionen.

Bedeutung

Unechte Instrumentalwerke

Die 1740 in Den Haag anonym veröffentlichten sechs Concerti armonici wurden neben vielen anderen Komponisten auch Pergolesi zugeschrieben; erst 1980 konnte der niederländische Musikwissenschaftler Albert Dunning nachweisen, dass sie von Graf Unico Wilhelm van Wassenaer stammen, der als Diplomat u. a. in Paris tätig war und ungenannt bleiben wollte. Die um 1780 in London unter Pergolesis Namen gedruckten 12 Triosonaten, aus denen Igor Strawinsky einige Themen in seinem Ballett Pulcinella zitierte (im Glauben, es handele sich um originale Werke Pergolesis), konnten inzwischen zweifelsfrei Domenico Gallo zugeschrieben werden. Wahrscheinlich sind sie in den 1750er Jahren entstanden. Sowohl die Concerti armonici als auch die Triosonaten kommen daher für eine Würdigung Pergolesis, als dessen Hauptwerke auf dem Gebiet der Instrumentalmusik sie galten, nicht mehr in Betracht. Das mindert nicht den absoluten musikalischen Wert dieser Kompositionen, relativiert aber ihre Bedeutung als Vorboten der musikalischen Frühklassik, als die sie lange angesehen wurden. Besonders die Triosonaten sind als Musik der Jahrhundertmitte nicht mehr so zukunftsweisend, wie sie es zwanzig Jahre vorher zu Lebzeiten Pergolesis gewesen wären.

Kirchenmusik

Pergolesis sakrale Kompositionen weisen eine für die italienische Kirchenmusik seiner Zeit typische Verbindung von kontrapunktischer Satzweise in den Chören und opernhafter Melodik in den Solopassagen auf. Diese Neigung, liturgische Texte so zu vertonen, als handele es sich um Opernlibretti geistlichen Inhalts, ist vor allem im 19. Jahrhundert und besonders im deutschsprachigen Raum auf Kritik gestoßen. Pergolesis Stabat mater, sein letztes Werk, war im 18. Jahrhundert das am häufigsten gedruckte Musikstück und hat zahlreiche Bearbeitungen erfahren (darunter 1781 eine Übersetzung von Christoph Martin Wieland).[1] Johann Sebastian Bach etwa adaptierte es durch Unterlegung eines neuen Textes nach Psalm 51 (Tilge, Höchster, meine Sünden, BWV 1083) für den evangelischen Gottesdienst, Georg Joseph Vogler analysierte und „verbesserte“ das Werk in seiner Kurpfälzischen Tonschule (1778–1781), und Antonio Salieri und Franz Xaver Süßmayr erstellten Ende des 18. Jahrhunderts für die Wiener Hofkapelle eine reicher instrumentierte Version mit vierstimmigem Chor, die 1843 noch einmal von Otto Nicolai überarbeitet wurde.

Die originale Fassung für zwei Solostimmen (Sopran und Alt), Streicher und Basso continuo hat sich erst im Zuge der Alte-Musik-Bewegung wieder durchgesetzt.

Opern

Die ernsten Opern Pergolesis zeigen im Allgemeinen die typischen Merkmale der italienischen Opera seria. Besonders in L’olimpiade fällt die Qualität der melodischen Erfindung auf, die stärker als zeitüblich den Gefühlsregungen der Protagonisten einen individuellen, über standardisierte Floskeln hinausgehenden Ausdruck verleiht. Diese unkonventionelle Textauslegung, verbunden mit dem weitgehenden Verzicht auf sängerische Virtuosität, dürfte ebenso für den Misserfolg bei der Premiere verantwortlich gewesen sein wie für die Wertschätzung, die das Werk bald danach genoss.

Wie damals in Neapel üblich, hat Pergolesi für seine ernsten Opern heitere Intermezzi komponiert, die zwischen den Akten der Hauptoper gegeben wurden und sich schnell verselbständigten. La serva padrona („Die Magd als Herrin“), ursprünglich als Pausenfüller für die Oper Il prigionier superbo gedacht, gehörte neben einer Reihe ähnlicher Werke verschiedener Komponisten zum Repertoire einer italienischen Wanderoperntruppe, die 1752 in Paris gastierte. Die Aufführung am 1. August 1752 trieb die seit längerem andauernden Diskussionen um den Vorrang der französischen oder der italienischen Musik auf die Spitze und führte zu einer heftigen Debatte, die als Buffonistenstreit (querelle des bouffons) in die Geschichte eingegangen ist.

Neben den kurzen Intermezzi schrieb Pergolesi zwei abendfüllende komische Opern, Lo frate ’nnamorato und Il Flaminio, die als „Commedia per musica“ eine für Neapel typische Spielart der frühen Opera buffa vertreten. Der soziale Status der handelnden Figuren ist darin durch verschiedene Sprachebenen gekennzeichnet. Die Personen gehobenen Standes bedienen sich der Standardsprache, die Dienerfiguren sprechen Dialekt. Dem entspricht normalerweise auch das musikalische Vokabular: Die Standespersonen sind als parti serie mit den Stilmitteln der Opera seria, u. a. ausgedehnte Koloraturarien, gezeichnet, die übrigen als parti buffe mit den der Opera buffa, mithin volkstümlichen Liedformen und schnellem Parlando. Auch hier zeigt sich Pergolesi als musikalischer Dramatiker oft unabhängig von den Konventionen seiner Zeit. So wird z. B. der Bravourgesang bis zur Karikatur übertrieben, um Eitelkeit und Standesdünkel einer Person lächerlich zu machen, oder einfache Strophenliedformen zum Ausdruck sehr ernster Empfindungen genutzt. Die Grenzen zwischen „hohem“ und „niedrigem“ Stand erscheinen so zumindest auf musikalischer Ebene teilweise verwischt, die Personenzeichnung entwickelt sich von der Typen- zur Charakterkomödie.

Außer den vollständigen Opern sind zahlreiche einzelne Arien überliefert, viele mit unsicherer Zuschreibung. Von den Solokantaten genießt Orfeo besondere Schätzung als Beispiel für Pergolesis lyrisch-expressiven Stil.

Nachwirkung

Sein Stabat mater wurde eines der beliebtesten Werke des 18. Jahrhunderts. Antonio Salieri und Franz Xaver Süßmayr erstellten Ende des 18. Jahrhunderts eine neue Fassung des Stabat mater für Sopran, Alt, vierstimmigen Chor und Orchester, die 1831 noch einmal von Ignaz von Seyfried revidiert wurde. Johann Sebastian Bach arbeitete das Stabat mater zur Kantate Tilge, Höchster, meine Sünden (BWV 1083) um. Die Viola, die im Original weitgehend parallel mit dem Bass geht, erhält hier eine neue, obligate Stimme.

Nach einer äußerst erfolgreichen Aufführung von Pergolesis Intermezzo La Serva padrona in Paris kam es 1752 zu Streitigkeiten zwischen den Anhängern der ernsthaften französischen Tragédie lyrique und der italienischen Opera buffa („Querelle des bouffons“).

Das Ballet La Pulcinella von Igor Strawinsky setzt sich aus zum Teil Pergolesi zugeschriebenen Melodien zusammen, einige schreibt die Musikwissenschaft inzwischen zweifelsfrei dem um 1775 gestorbenen Komponisten Domenico Gallo zu.

Werkliste (Auswahl)

Bühnenwerke

  • Li prodigi della divina grazia nella conversione e morte di S. Guglielmo duca d’Aquitania (1731). Dramma sacro
  • La Salustia (1732). Opera seria
  • Nerina e Nibbio (1732). Intermezzo zu La Salustia mit Rezitativen des Librettisten Domenico Caracajus. Die Musik ist nicht erhalten.[2]
  • Lo frate ’nnamorato (1732). Commedia per musica
  • Il prigionier superbo (1733). Opera seria
  • La serva padrona – „Die Magd als Herrin“ (1733). Intermezzo zu Il prigionier superbo
  • Adriano in Siria (1734). Opera seria
  • La contadina astuta oder Livietta e Tracollo (1734). Intermezzo zu Adriano in Siria
  • Il Flaminio (1735). Commedia per musica
  • Il tempo felice (1735). Hochzeitsserenade. Die Musik ist nicht erhalten.
  • L’olimpiade (1735). Opera seria
  • Orfeo (um 1736). Kantate

Geistliche Werke

  • Messe für zwei Chöre
  • Messe in F
  • Psalm Dixit Dominus
  • Psalm Laudate et Confitebor
  • Psalm Laudate pueri Dominum für Sopran, fünfstimmigen Chor, Oboe, Trompete, Horn, Streicher und Generalbass
  • Salve Regina
  • La fenice sul rogo o vero La morte di San Giuseppe (1731). Oratorio
  • Motette In hoc die quam decora
  • Stabat mater f-Moll für Sopran, Alt, Streicher und Generalbass (1736)
  • Vespro della Beata Vergine für Soli, vierstimmigen Chor und Orchester
  • Septem verba a Christo in cruce moriente prolata (Die sieben Worte des sterbenden Christus am Kreuz; aufgrund neuer Forschung Pergolesi zugeschrieben)[3][4]

Instrumental

  • Sinfonia F-Dur für 2 Oboen, 2 Hörner, Streicher und Basso continuo
  • Konzert B-Dur für Violine, Streicher und Basso continuo
  • Sinfonia (Sonate) F-Dur für Violoncello und Basso continuo
  • Zwei Sonaten für Cembalo
  • Konzert G-Dur. Flöte, Kammerorchester
  • Konzert D-Dur, Flöte, Kammerorchester

Literatur

  • Alfred Baumgartner: Propyläen Welt der Musik – Die Komponisten – Ein Lexikon in fünf Bänden. Band 4. Propyläen Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-549-07830-7, S. 298–299.

Weblinks

 Commons: Giovanni Battista Pergolesi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Anlässlich Wielands 275. Geburtstags erklang am 5. September 2008 erstmals Pergolesis Stabat mater in Wielands deutscher Fassung. Die Uraufführung fand unter der Leitung von Alexander Eberle, dem Chordirektor des Aalto-Theater statt. Es spielte das Münchner Barockorchester L’arpa festante und es sangen die Sopranistin Elisabeth Scholl sowie der Countertenor Alexander Schneider in der Kirche St. Peter zu Oßmannstedt bei Weimar.
  2. Werkliste des Centro Studi Pergolesi, abgerufen am 5. August 2016.
  3. Weltersteinspielung, geleitet von René Jacobs: Harmonia mundi (2013)
  4. Hörproben
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 02.03.2018 03:45:30

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