Violeta Parra

Violeta Parra

geboren am 14.10.1917 in Chillàn, Bío-Bío, Chile

gestorben am 5.2.1967 in Santiago de Chile, Región Metropolitana de Santiago, Chile

Violeta Parra

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Violeta del Carmen Parra Sandoval (* 4. Oktober 1917 in San Carlos in der Provinz Ñuble, Región del Bío-Bío, Chile; † 5. Februar 1967) war eine chilenische Folklore-Musikerin und bildende Künstlerin.

Biografie

Ihr Vater war Musiklehrer, von ihrer Mutter hörte sie traditionelle Volkslieder, die sie auf der Gitarre begleitete. Während ihrer Kindheit lebte Violeta mit acht Geschwistern auf dem Land in Armut. Tiefe Furchen und Narben in ihrem Gesicht zeugten von einer Pockenerkrankung während ihrer Kindheit. Im Alter von neun Jahren erlernte Parra Gitarre und Gesang und bereits mit zwölf komponierte sie ihre ersten eigenen Lieder. Sie erfuhr eine Lehrerausbildung in einer staatlichen Schule in Santiago. In dieser Zeit komponierte sie Boleros, Corridos und Tonadas und trat in Bars, kleinen Tanzsälen der Stadtviertel, beim Zirkus und in Freizeiteinrichtungen auf.

1938 heiratete sie Luis Cereceda. Mit ihren gemeinsamen Kindern Isabel Parra und Ángel Parra realisierte sie große Teile ihrer musikalischen Arbeit. Mitte der 1940er Jahre interessierte sie sich wieder für spanische Lieder und trat damit auf. Das führte zur Trennung von Ihrem Mann. Sie kehrte mit den Kindern zur Mutter zurück und sang in den Bars und Kneipen der Stadt.

1949 heiratete sie einen Tischler und Operntenor; das Paar bekam zwei Töchter.

1954 reiste Parra nach Polen, besuchte die Sowjetunion und Europa und verbrachte zwei Jahre in Frankreich. Dort nahm sie ihre ersten Langspielplatten mit Folkloreliedern und Selbstkomponiertem auf. Sie nahm vielseitige Kontakte zu europäischen Künstlern und Intellektuellen auf, bevor sie nach Chile zurückkehrte, um ihre kreative Arbeit wieder aufzunehmen. Während dieser Zeit starb ihre jüngste Tochter, dies führte zur Trennung von ihrem zweiten Mann. 1958 durchstreifte sie die Töpferei und begann Sackleinen zu besticken. Auf Einladung einer Universität reiste sie in den Norden, wo sie Dichterlesungen, Folklore-, Schreib- und Malkurse organisierte. Nach ihrer Rückkehr stellte sie ihre Ölobjekte in der Kunstschlosserei von Santiago unter freiem Himmel aus.

An ihrem 43. Geburtstag traf sie ihre letzte große Liebe: den 24-jährigen schweizerischen Musiker Gilbert Favre. Es war eine sehr intensive, manchmal schwierige Beziehung mit mehreren Trennungen und Versöhnungen.

Auf Einladung des Jugendfestivals in Finnland unternahm Parra mit ihren Kindern eine Tournée, die sie durch die UdSSR, Deutschland, Italien und Frankreich führte, wo sie drei Jahre in Paris von Beiträgen für Radio und Fernsehen, Auftritten im Latino-Viertel und Dichterlesungen bei der UNESCO für das Theater der Vereinten Nationen lebte. Sie realisierte eine Serie von Konzerten in Genf und Ausstellungen ihrer eigenen Plastiken. 1964 stellte sie im Pavillon Marsan als erste lateinamerikanische Künstlerin individuell Objekte aus Sackleinen und Ölgemälde aus.

1965 reiste sie in die Schweiz, wo sie einen Dokumentarfilm in der kompletten Breite ihres Schaffens vorlegte. Nach ihrer Rückkehr nach Chile nahm sie mit an der Peña de Los Parras ihrer Kinder Isabel und Ángel in der Calle Carmen 340 in Santiago teil, wo sie kurz darauf La Carpa de La Reina (Spanisch für „Zelt im Bezirk La Reina“) als Kunstzentrum einweihte.

Peña bedeutet Fels, aber auch Stammtisch und steht in ganz Chile für kulturell-politische Gemeindefeiern, bei denen Gesangswettbewerbe aller Generationen solo und als Chor, mit und ohne instrumentale Begleitung häufig im Mittelpunkt stehen. Heute gibt es viele Peñas in Chile, Lateinamerika, Nordamerika, Europa und Australien, die sich aufgrund der Chilenen, die nach Augusto Pinochets Putsch ins Ausland flohen, ausgebreitet haben.

1966 reiste sie nach Bolivien, bot Konzerte in den südlichen Regionen Chiles an und nahm weitere Platten zusammen mit ihren Kindern auf. Sie kehrte nach Santiago zurück, um ihre Arbeit in La Carpa fortzusetzen. Abends trat sie dort auf, sang und begleitete sich dabei auf der Gitarre und servierte ihren Gästen selbstgekochte Gerichte. Dort lernte Víctor Jara, ein chilenischer Schauspieler und Theaterregisseur, ihr Werk und sie selber kennen und wurde schnell in ihren Bann gezogen. Ángel Parra drückte ihm eine Gitarre in die Hand und ließ ihn Volkslieder seiner Heimat und eigene Kompositionen vortragen.

Parra beging ein halbes Jahr vor ihrem 50. Geburtstag, am 5. Februar 1967 Suizid – angeblich wegen des Scheiterns einer leidenschaftlichen, unglücklichen Liebesbeziehung und finanzieller Probleme.

Rezeption

Violeta Parra fand anfänglich in ihrem Heimatland wenig Beachtung, bis ihre Ausstellungen im Louvre in Paris zu sehen waren. Viele ihrer Plastiken und Ölgemälde, die sie zwischen 1954 und 1965 in Santiago, Buenos Aires, Paris und Genf geschaffen hatte, sind heute Teil der Stiftung Violeta Parra, die von Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens Chiles geschaffen wurde, um ihr Erbe freizukaufen und zu schützen.[1]

Angeregt durch ihren Bruder Nicanor Parra, begann Parra ab 1952 Folkloremusik aus den ländlichen Zonen aufzunehmen und zusammenzustellen. Diese Sammlung entdeckte die Poesie und das Volkslied aus den ziemlich verschiedenen Regionen Chiles. Diese Arbeit förderte den enormen verborgenen Reichtum der Traditionen zu Tage, die zur chilenischen Kultur verschmolzen waren. Von hier begann sie ihren Kampf gegen die stereotype ausländische Musik und transformierte bzw. gewann die authentische Volkskultur wieder zurück. Sie komponierte Lieder, Décimas und Instrumentalmusik, wurde zur Malerin, Bildhauerin, Stickerin, Töpferin.

Parra schuf die Basis für La Nueva Canción Chilena, die Neue Gesangsbewegung Chiles, die die chilenische Folkloremusik erneuerte. Diese Bewegung breitete sich in den sechziger und siebziger Jahren in Chile aus. Da sie folkloristische Musikelemente mit religiösen Formen und Inhalten der Protestbewegung und Sozialkritik der sechziger Jahre vereinte, wurde sie der Kopf einer mächtigen kulturellen Strömung und erfasste das ganze Land. Sie wurde auch nach dem Putsch in Chile 1973 für viele Synonym für das unter der Militärdiktatur leidende und kämpfende Chile, das seine Rückkehr zur Demokratie erreichte.

2011 verfilmte der chilenische Regisseur Andrés Wood mit dem Spielfilm Violeta se fue a los cielos das Leben Parras mit Francisca Gavilán in der Titelrolle.

Gracias a la vida

Kurz vor ihrem Tod schuf Violeta Parra das Lied Gracias a la vida (‚Dank an das Leben‘),[2] welches als eine Säule der Nueva Canción (spanisch: ‚Neues Lied‘) gilt. Zuerst wurde es in Últimas Composiciones (1966) verlegt, dem letzten Album Parras. Der Titel wurde in der lateinamerikanischen Musik vielfach neu interpretiert und international rezipiert. Neben der Version von Mercedes Sosa ist vor allem die Interpretation von Joan Baez bekannt; weitere Aufnahmen stammen zum Beispiel von Holly Near, Elis Regina, Nana Mouskouri, Richard Clayderman und Yasmin Levy. Im deutschsprachigen Raum erfreut sich das Lied durch eine Nachdichtung („Liebes Leben, Danke!“, 1990)[3] des Musikers Gerhard Schöne anhaltender Beliebtheit. Eine weitere Übertragung liegt von Heinz Kahlau vor; sie beginnt mit der Textzeile „Ich danke dem Leben, das mir so viel gegeben“.[4][5] Manfred Maurenbrecher veröffentlichte auf seiner CD Ende der Nacht 2004 eine weitere deutsche Fassung des Liedes. Konstantin Wecker veröffentlichte seine Version 2017 auf dem Album Poesie und Widerstand.

Diskographie

  • 1956: Guitare et Chant: Chants et Rhythms du Chili
  • 1957: Canto y Guitarra (El Folklore de Chile, Vol. I)
  • 1958: Acompañada de Guitarra (El Folklore de Chile, Vol. II)
  • 1958: La Cueca Presentada por Violeta Parra (El Folklore de Chile, Vol. III)
  • 1958: La Tonada Presentada por Violeta Parra (El Folklore de Chile, Vol. IV)
  • 1960: Toda Violeta Parra (El Folklore de Chile, Vol. VIII)
  • 1961: Violeta Parra en Argentina
  • 1962: Los Parra de Chile
  • 1965: Recordando a Chile (Una Chilena en París)
  • 1965: Carpa de La Reina
  • 1966: Las Últimas Composiciones

Literatur

  • Patricio Manns: Violeta Parra, Ediciones Jucar, 1978, ISBN 84-334-2034-8
  • Albrecht Moreno : „Violeta Parra and 'La Nueva Canción Chilena.'“ in: Studies in Latin American Popular Culture 5 (1986): 108—26.
  • Angél Parra: Violeta se fue a los cielos Verlag Catalonia, 2006, ISBN 978-9568303358.
  • Omar Saavedra Santis: Die Schönheit einer Hässlichen : Violeta Parra, 40 Jahre nach ihrem Tod; eine Verbeugung. In: ila. Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika, 2007, Oktober, S. 49–53
  • Fernando Saez Garcia: La Vida Intranquila: Violeta Parra Biografia Esencial (Taschenbuch), Verlag Sudamericana, 2001, ISBN 956-262-092-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. www.violetaparra.cl
  2. spanischer Text auf der Homepage von Nana Mouskouri
  3. Textfassung von Gerhard Schöne
  4. Liederbaum, Lied 89, kunterbundedition, 3. Aufl. 2005, ISBN 3-7957-5655-3
  5. Textfassung von Heinz Kahlau
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