Paul Bowles

geboren am 10.12.1910 in New York City, NY, USA

gestorben am 18.11.1999 in Tangier, Marokko

Paul Bowles

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Paul Bowles (* 30. Dezember 1910 in Queens, New York;  18. November 1999 in Tanger) war ein US-amerikanischer Schriftsteller, Komponist und Übersetzer.

Leben

Paul Bowles wurde als Einzelkind konservativer Eltern geboren, der Vater war Zahnarzt. Früh zeichnete sich seine schriftstellerische und musikalische Gabe ab: Bereits 1929 wurden einige seiner Gedichte in Frankreich veröffentlicht. Daraufhin verließ er die University of Virginia, an der er Musik studierte, um nach Europa zu reisen. Nach seiner Rückkehr widmete er sich erneut dem Studium der Musik.

Im Jahr 1931 reiste Bowles zum ersten Mal nach Tanger und war von der Stadt und ihren Menschen fasziniert. Wieder zurück in den Vereinigten Staaten, verdiente er sein Geld als Komponist für Kammer- und Theatermusik und schrieb Theaterkritiken. 1937 lernte er Jane Auer kennen, eine 20-jährige angehende Schriftstellerin. Im Jahr darauf heirateten die beiden, obwohl Jane zuvor nur lesbische Beziehungen geführt hatte, während Bowles bisexuell orientiert war. Schon bald gingen beide im sexuellen Bereich wieder ihre eigenen Wege, blieben aber freundschaftlich eng verbunden und unterstützten sich gegenseitig in ihrer künstlerischen Arbeit.

Mit dem ersten Roman von Jane Bowles Zwei sehr ernsthafte Damen, den die Kritik äußerst unterschiedlich aufnahm, begann auch seine Karriere. Paul Bowles begann selbst zu schreiben und veröffentlichte ab 1945 Erzählungen. Während Jane an ihrem zweiten Roman arbeitete, ging Bowles 1947 nach Tanger, um dort seinen ersten Roman zu schreiben. Auf dem Weg dorthin entstand die Kurzgeschichte Pages from Cold Point, die die Beat-Bewegung der 1950er- und 1960er-Jahre solchermaßen inspirierte, dass sie Bowles zu einem ihrer Vorbilder erhob.

1948 folgte Jane ihm nach Tanger. Durch weitere Autoren wie Truman Capote, Tennessee Williams, William S. Burroughs, Jack Kerouac wurde diese Stadt zeitweilig zu einem Mekka der Schriftsteller.

Im Jahr 1949 erschien sein erster Roman The Sheltering Sky (dt. Himmel über der Wüste), der ein großer Erfolg wurde. Ausgedehnte Reisen nach Sri Lanka, Indien, Spanien und durch Marokko einschließlich der Sahara folgten, woraus weitere Geschichten und Bücher resultierten. Er arbeitete auch an einer Oper.

Seine Frau erlitt 1957 einen Schlaganfall und wurde alkohol- und tablettenabhängig, litt unter epileptischen Anfällen und zunehmender geistiger Verwirrung. Als sie 1973 in Málaga starb, war Bowles bei ihr. Er, der sich während ihrer Krankheit stets um sie gekümmert hatte, schrieb in dieser Zeit unter anderem die Erzählungen Gesang der Insekten, Mitternachtsmesse, die Romane So mag er fallen, Das Haus der Spinne und seine Autobiografie Without Stopping. An Autobiography (Rastlos. Erinnerungen eines Nomaden). Er unterstützte marokkanische Autoren, indem er sie wie zum Beispiel Mohamed Choukri zum Schreiben ermutigte. Choukris Autobiografie Das nackte Brot übersetzte Bowles ins Englische, so wie Driss ben Hamed Charhadis Ein Leben voller Fallgruben. Im Weiteren übersetzte er die Werke der schweizerischen Abenteurerin und Autorin Isabelle Eberhardt.

1990 entstand Bernardo Bertoluccis Verfilmung Himmel über der Wüste nach Bowles Roman. Der Autor hatte zwei kurze Gastauftritte in dem Film, war aber mit dem Gesamtergebnis nicht zufrieden.

Bowles starb 1999 im italienischen Krankenhaus in Tanger.

Wirkung

Bowles hat sich schon in seiner Kindheit mit den versteckten Abgründen der US-amerikanischen Gesellschaft auseinandergesetzt, von denen viele seiner Geschichten und Romane handeln. Die dauerkränkelnde Mutter, mit der ihn eine Hassliebe verband, und sein puritanisch-autoritärer Vater, den er ausnahmslos hasste, drängten ihn zudem früh in eine Traumwelt, in der er seine Phantasien ausleben konnte.

Sein literarisches Werk zeichnet sich vor allem durch eine Offenheit aus, die zu ihrer Zeit wohl einmalig, zumindest aber für die breite Öffentlichkeit schockierend war. Bowles Figuren sind oft entwurzelte, im Innersten kranke und sich selbst suchende Gestalten. Als Verfasser von Erzählungen gehört Paul Bowles zu den bedeutendsten Autoren in der US-amerikanischen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Werke

Neben seinen Romanen und Musikkompositionen veröffentlichte Bowles vierzehn Kurzgeschichten-Bände, drei Gedichtbände, zahlreiche Übersetzungen, etliche Reiseberichte und eine Autobiographie.

Musik

  • 1931 Sonata for Oboe and Clarinet
  • 1936 Horse Eats Hat, Stück
  • 1936 Who Fights This Battle, Stück
  • 1937 Doctor Faustus, Stück
  • 1937 Yankee Clipper, Ballett
  • 1938 Too Much Johnson, Stück
  • 1938 Huapango Cafe Sin Nombre Huapango-El Sol, lateinamerikanischer Folk
  • 1939 Denmark Vesy, Oper
  • 1939 My Heart's in the Highlands, Stück
  • 1940 Loves Old Sweet Song, Stück
  • 1940 Twelfth Night, Stück
  • 1941 Liberty Jones, Stück
  • 1941 Watch on the Rhine, Stück
  • 1941 Love Like Wildfire, Stück
  • 1941 Pastorela, Ballett
  • 1942 In Another Five Years Or So, Oper
  • 1943 South Pacific, Stück
  • 1943 Sonata for Flute and Piano und Two Mexican Dances
  • 1943 'Tis Pity She's a Whore, Stück
  • 1944 The Glass Managerie, Stück
  • 1944 Jacobowsky and the Colonel, Stück
  • 1944 Sentimental Colloquy, Ballett
  • 1945 Ondine, Stück
  • 1945 Three, Text von Tennessee Williams
  • 1945 Three Pastoral Songs
  • 1946 Night Without Sleep, Text von Charles Henri Ford
  • 1946 Cyrano de Bergerac, Stück
  • 1946 The Dancer, Stück
  • 1946 Land's End, Stück
  • 1946 On Whitman Avenue, Stück
  • 1946 Twilight Bar, Stück
  • 1946 Cabin, Text von Tennessee Williams, Musik von Paul Bowles
  • 1946 Concerto for Two Pianos
  • 1947 Sonata for Two Pianos
  • 1947 Pastorela: First Suite, Ballett/Oper in einem Akt
  • 1947 The Glass Menagerie, Text von Tennessee Williams, zwei Lieder von Bowles
  • 1948 Concerto for Two Pianos, Winds and Percussion
  • 1948 Summer and Smoke, Stück
  • 1949 Night Waltz
  • 1953 A Picnic Cantata
  • 1953 In the Summer House, Stück
  • 1955 Yerma, Oper
  • 1958 Edwin Booth, Stück
  • 1959 Sweet Bird of Youth, Stück
  • 1962 The Milk Train Doesn't Stop Here Anymore, Stück
  • 1966 Oedipus (Sophocles), Stück
  • 1967 The Garden, Stück
  • 1969 The Bacchae (Euripides), Stück
  • 1978 Orestes, Stück
  • 1978 Caligula (Camus), Stück
  • 1979 Blue Mountain ballads, Text von Tennessee Williams, Musik von Bowles.
  • 1984 Camp Cataract, Stück
  • 1984 A Quarreling Pair, Stück
  • 1992 Hippolytos, Stück
  • 1992 Black Star at the Point of Darkness
  • 1993 Salome, Stück

Fiktion

  • Romane
  • 1949 The Sheltering Sky
  • 1952 Let It Come Down
  • 1955 The Spider's House
  • 1966 Up Above the World
  • 1991 Too Far From Home (Novelle)
  • 1992 Too Far From Home (mit Miquel Barceló: 28 watercolors)
  • 1994 Too Far From Home (mit Maguerite McBey)
  • Kurzgeschichten (Sammelbände)
  • 1950 A Little Stone
  • 1950 The Delicate Prey and Other Stories
  • 1959 The Hours after Noon
  • 1962 A Hundred Camels in the Courtyard
  • 1967 The Time of Friendship
  • 1968 Pages from Cold Point and Other Stories
  • 1975 Three Tales
  • 1977 Things Gone & Things Still Here
  • 1979 Collected Stories, 1939-1976
  • 1981 In the Red Room
  • 1982 Points in Time
  • 1985 Midnight Mass
  • 1988 Unwelcome Words: Seven Stories
  • 1988 A Distant Episode
  • 1988 Call at Corazon
  • 1989 A Thousand Days for Mokhtar
  • 1995 The Time of Friendship Paul Bowles & Vittorio Santoro
  • Gedichte
  • 1933 Two Poems
  • 1968 Scenes
  • 1972 The Thicket of Spring
  • 1981 Next to Nothing: Collected Poems, 1926-1977
  • 1997 No Eye Looked Out from Any Crevice

Übersetzungen

  • 1946 No Exit von Jean-Paul Sartre
  • 1952 The Lost Trail of the Sahara von Guy Frison-Roche
  • 1964 A Life Full Of Holes von Driss ben Hamed Charhadi (Larbi Layachi)
  • 1967 Love With A Few Hairs von Mohammed Mrabet
  • 1969 The Lemon von Mohammed Mrabet
  • 1969 M'Hashish von Mohammed Mrabet
  • 1973 For Bread Alone von Mohamed Choukri
  • 1973 Jean Genet in Tangier von Mohamed Choukri
  • 1974 The Boy Who Set the Fire von Mohammed Mrabet
  • 1975 Hadidan Aharam von Mohammed Mrabet
  • 1975 The Oblivion Seekers von Isabelle Eberhardt
  • 1976 Look & Move On von Mohammed Mrabet
  • 1976 Harmless Poisons, Blameless Sins von Mohammed Mrabet
  • 1977 The Big Mirror von Mohammed Mrabet
  • 1979 Tennessee Williams in Tangier von Mohamed Choukri
  • 1979 Five Eyes von Abdeslam Boulaich, Sheheriar and Sheherazade von Mohamed Choukri, The Half Brothers von Larbi Layachi, The Lute von Mohammed Mrabet, und The Night Before Thinking von Ahmed Yacoubi
  • 1980 The Beach Café & The Voice von Mohammed Mrabet
  • 1982 The Path Doubles Back von Rodrigo Rey Rosa
  • 1983 The Chest von Mohammed Mrabet
  • 1983 Allal von Pociao
  • 1984 The River Bed von Rodrigo Rey Rosa (Kurzgeschichte)
  • 1985 She Woke Me Up So I Killed Her (Kurzgeschichten von 16 Autoren in verschiedenen Sprachen)
  • 1986 Marriage With Papers von Mohammed Mrabet
  • 1986 Paul Bowles: Translations from the Moghrebi von mehreren Autoren
  • 1988 The Beggar's Knife von Rodrigo Rey Rosa
  • 1989 Dust on Her Tongue von Rodrigo Rey Rosa
  • 1990 The Storyteller and the Fisherman, CD von Mohammed Mrabet
  • 1991 The Pelcari Project von Rodrigo Rey Rosa
  • 1991 Tanger: Vues Choisies von Jellel Gasteli
  • 1992 Chocolate Creams and Dollars von mehreren Autoren
  • 2004 Collected Stories von Mohammed Mrabet

Reiseberichte, Autobiographie und Briefe

  • 1957 Yallah, Text von Paul Bowles, Fotos von Peter W. Haeberlin (Reisebericht)
  • 1963 Their Heads are Green and Their Hands Are Blue (Reisebericht)
  • 1972 Without stopping (Autobiographie)
  • 1990 Two Years Beside The Strait (Autobiographie)
  • 1991 Days: Tangier Journal (Autobiographie)
  • 1993 17, Quai Voltaire (Autobiographie von Paris, 1931, 1932)
  • 1994 Photographs "How Could I Send a Picture into the Desert?" (Paul Bowles & Simon Bischoff)
  • 1995 In Touch The Letters of Paul Bowles (herausgegeben von Jeffrey Miller)

Editions

  • 1984 Paul Bowles Selected Songs (herausgegeben von Peter Garland)
  • 1993 Too Far from Home (herausgegeben von Daniel Halpern) ISBN 0-88001-295-1
  • 1994 The Portable Paul and Jane Bowles (herausgegeben von Millicent Dillon)
  • 1995 Paul Bowles: Music (herausgegeben von Claudia Swan) ISBN 0-9648083-0-7
  • 2000 The Paul Bowles Reader (Peter Owen) ISBN 0-7206-1091-5
  • 2001 The Stories of Paul Bowles (Ecco) ISBN 0-06-621273-1
  • 2002 The Sheltering Sky, Let It Come Down, The Spider's House (Daniel Halpern, ed. Library of America) ISBN 1-931082-19-7
  • 2002 Collected Stories and Later Writings (Daniel Halpern, ed. Library of America) ISBN 1-931082-20-0
  • 2010 Travels: Collected Writings, 195093 (Mark Ellingham, ed. Sort Of Books, London) ISBN 978-0-9560038-7-4

Auftritte in Filmen und Interviews

  • Paul Bowles in Morocco (1970), Produktion und Regie: Gary Conklin, 57 Minuten
  • Paul Bowles: South Bank Show London Studios (1988), Produktion: ITV, Regie: Melvyn Bragg, 54 Minuten
  • 1990 adaptierte Bernardo Bertolucci The Sheltering Sky zum Film Himmel über der Wüste, in dem Bowles einen Cameo-Auftritt hat und als Erzähler fungiert. 132 Minuten.
  • Things Gone and Things Still Here, 1991, Regie vom preisgekrönten BBC-Filmemacher Clement Barclay. Der Film will die Welt des Paul Bowles in einer einstündigen Dokumentation entschlüsseln. Gewinner des Chicago Film Festivals.
  • Paul Bowles The Complete Outsider, 1993, von Catherine Hiller Marnow und Regina Weinreich, 57 Minuten.
  • Halfmoon, 1995, vier Geschichten von Paul Bowles, Frieder Schlaich und Irenve von Alberti. First Run Features, 91 Minuten (deutsche Version Halbmond, 90 Minuten)
  • Let It Come Down, 1998, Requisite Productions, Zeitgeist Films, 72 Minuten. Porträt des Autors in seinem späten Leben.Regie: Jennifer Baichwal, enthält Material vom letzten Treffen zwischen Bowles, William Burroughs und Allen Ginsberg, das 1995 in New York stattfand. 72 Minuten.
  • Night Waltz, 2002, ein Film von Owsley Brown über die Musik von Paul Bowles, mit Phillip Ramey und einem Interview mit Jonathan Sheffer, Dirigent des Eos Orchestra. 77 Minuten.

Sekundärliteratur

  • Gena Dagel Caponi: Paul Bowles: Romantic Savage. Southern Illinois University, Carbondale 1994.
  • Millicent Dillon: You Are Not I: A Portrait of Paul Bowles. University of California Press, Berkeley 1998.
  • Michelle Green: The Dream at the End of the World: Paul Bowles and the Literary Renegades in Tangier. HarperCollins, New York 1991.
  • Allen Hibbard: Paul Bowles: A Study of the Short Fiction. Twayne, New York 1993. ISBN 0805783180
  • Richard F. Patteson: A World Outside: The Fiction of Paul Bowles. University of Texas Press, Austin 1987.
  • Jens Rosteck: Jane und Paul Bowles: Leben ohne anzuhalten. Goldmann, München 2005.
  • Christopher Sawyer-Lauçanno: An Invisible Spectator: A Biography of Paul Bowles. Grove Press, New York 1989.
  • Virginia Spencer Carr: Paul Bowles: A Life. Scribner, New York 2004. ISBN 0684196573
  • Lawrence D. Stewart: Paul Bowles: The Illumination of North Africa. Southern Illinois University Press, Carbondale 1974.
  • Elke Stracke-Elbina: Die Short Stories von Paul Bowles, 1939-1990. Goerog Olms Verlag, Hildesheim, Zürich und New York 1995. ISBN 3487099918 (= Anglistische und amerikanistische Texte und Studien 8)

Weblinks

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